Gefällt uns etwas nicht, verlassen wir den Tisch. Wir geben auf, wenn uns etwas nicht passt. Wird es schwierig, laufen wir weg. Ist das die Einstellung, die wir unseren Kindern vermitteln möchten? Dieses kindliche Verhalten versuchen wir während unserer Erziehung durch das Aufzeigen von Handlungsalternativen zu relativieren. Gemäß dieser Beschreibung säße ein 70-jähriges Kind an den Hebeln des mächtigsten Landes der Welt. Während das Ignorieren der politischen Correctness noch als charmante Frischluft interpretiert werden könnte, führt die diplomatische Holzhacker-Methode des amerikanischen Präsidenten zur Schaffung mehrerer Unruheherde und zu einem fatalen Vorbild für die Jugend.
Wegzulaufen hat System
Donald Trump war mit dem Pariser Klimaabkommen unzufrieden, obgleich es in der Natur von Verträgen liegt, Kompromisse zur ursprünglichen Position einzugehen. Man stieg aus und ließ den Strohhalm los, an welchen man sich noch klammern durfte. Keinesfalls, so die Message, geben die USA Wirtschaftsvorteile gegenüber China auf. Das Resultat war nicht nur die Aufkündigung des Abkommens, sondern auch die Verhängung von Strafzöllen gegenüber China. Dass auf der Gegenseite ebenfalls mit Zöllen reagiert wird, ist die logische Konsequenz. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis sich jene Unternehmen in den USA massiv gegen den Präsidenten stellen, die große Teile ihrer Produktion nach Fernost verlegt haben.
Wohl nicht ganz zufällig verließen die USA den Menschenrechtsrat der UNO als die Kritik an der Praxis der Familientrennung bei illegalen Grenzübertritten an der Südgrenze lauter wurde. Und letztlich kündigten die USA auch die Mitgliedschaft in der UNESCO auf, weil man bei der Vergabepraxis für denkwürdige Kulturstätten „antiisraelische“ Tendenzen sah. In allen Fällen war die Weigerung, zur Verbesserung der Situation beizutragen, der gemeinsame Nenner. Eine Haltung, die uns eher an die Trotzphasen unserer Kinder erinnert.
Haltung kann man lernen, Engstirnigkeit ist angeboren
In meinem Verständnis geht es in der Erziehung um die Entwicklung der eigenen Haltung. Allerdings bedingt dieser Prozess einen ehrlichen Umgang mit sich selbst und die Einsicht, dass Unfehlbarkeit eine Illusion ist. Die Selbstreflexion ist gleichermaßen eine Haltung und eine Tugend. Im diametralen Gegensatz dazu steht die verbohrte Engstirnigkeit, die in uns schlummert, gegen welche wir aber ankämpfen und nach Verbesserung streben (sollten). Zumindest ist das meine Haltung und auch jene, die ich meiner Tochter vermitteln möchte.
Jede/r von uns wüsste sich gerne stets im Recht. Aber die Realität sieht anders aus und das ist gut so. Denn die Einsicht, dass wir nicht unfehlbar sind, ist ein wesentlicher Lernprozess, den wir in unserer Kindheit durchlaufen sollten. Erkennt man, dass die eigene Meinung nicht immer für bare Münze genommen wird, ergeben sich zwei Möglichkeiten. Entweder, wir nehmen diese Erkenntnis mit Demut an und adaptieren unser verhalten, oder wir laufen davon und suchen so lange nach einem geeigneten Publikum, das unserer Meinung ist.
Den Zug vor dem Abgrund stoppen
Im Falle von Donald Trump, und das ist das Gefährliche, gibt es kein anderes Publikum mehr. Es gibt nur noch eine Opposition, die sich weltpolitisch formiert und die USA in seiner Engstirnigkeit in die politische Isolation treibt. Früher nannte man diese Haltung Protektionismus, was aber in Zeiten der Globalisierung überholt sein dürfte. Ich mache mir um unsere Jugend Sorgen, zumal hier das Bild vermittelt wird, dass man frauenfeindlich, verbohrt, unsensibel, großmäulig und unreflektiert sein darf und damit Erfolg hat. Es ist an der Zeit, diesen Zug vor dem Abgrund zu stoppen.