Ich will nicht mehr ein Teil dieser Gesellschaft sein. Einer Gesellschaft, die das Untolerierbare toleriert und wegsieht, wo sie anklagen müsste. Ich will nicht mehr zusehen, wenn Menschen gegeneinander ausgespielt werden und stichhaltige Gerüchte zu gefühlten Wahrheiten werden. Schon gar nicht, wenn ein politischer Amtsträger am liebsten alle Flüchtlinge an einem Ort konzentrieren möchte.
Ich möchte nicht zusehen, wie jemand als Messias gefeiert wird, weil er mit jenen kooperiert, die unsere Gesellschaft spalten. Es gibt mir zu denken, dass die Schließung von Fluchtrouten wichtiger zu sein scheint, als die menschliche Hilfe. Das ist nicht mein Verständnis eines kooperierenden, vielleicht sogar friedlichen Miteinanders. Die Abstempelung und fehlende Sensibilität gehört auch nicht zu den Eckpfeilern unserer Erziehung. Keinesfalls möchte ich dazu beitragen, dass dieser Stumpfsinn gesellschaftsfähig wird.
Meine Wut ist groß, wenn gesetzliche Grenzen immer wieder von PolitikerInnen berührt werden und wir uns fragen müssen, ob das noch akzeptabel war oder nicht. Ich finde es bedenklich, wenn wir als Gesellschaft in die Verlegenheit kommen, darüber zu grübeln. Es ist beschämend, wenn bei einem systemischen Problem von Einzelfällen gesprochen wird, obgleich uns die Geschichte etwas Anderes lehrt.
Mich widern Diskussionen mit versteckten Codes und der gespielten Opferrolle an, wo doch das genaue Gegenteil der Fall ist. Jede/r durchschaut die angesprochenen Codes und die gespielten Opfer werden zu Tätern. Ihr Opfer: Unser friedliches Miteinander. Ich will nicht mehr ein Teil eines gesellschaftlichen Diskurses sein, der all das verharmlost oder in der geschichtlichen Abgebrühtheit weder überrascht noch schockiert ist.
Denn ich bin schockiert! Darüber, dass unser System von jenen unterwandert wird, die es torpedieren, hinterfragen und angreifen und wir seelenruhig dabei zusehen. Mein jüngeres Ich würde den Kopf schütteln und mich dazu auffordern, eindeutiger Stellung zu beziehen. Genau das mache ich hier, zumal mir bewusst ist, dass auch der längste Weg mit dem ersten Schritt beginnt.
A.Z.