Wieder ließ ein Regierungsmitglied mit einer zweifelhaften Aussage aufhorchen. Beate Hartinger-Klein sagte gegenüber einer Tageszeitung, dass integrative Initiativen nicht Aufgabe des AMS (Arbeitsmarktservice) wären. Vielmehr soll ein Kompetenz-Zentrum für diese Fragen geschaffen werden. Wer glaubt, die Integration separat abwickeln zu können, hat etwas Wesentliches nicht verstanden.
Der Blick von außen
Vor einigen Tagen befand die „Süddeutsche Zeitung“, dass Österreichs Bundesregierung das gesellschaftliche Klima vergiftet. Denn wie im Wahlkampf zur Nationalratswahl laden die Parteien der Regierung Fragen der Integration mit Angst- und Neidparolen auf. Dabei benennt sie Probleme, ohne effektive Lösungen anzubieten. Das schürt Ängste. Schlimmer noch:
Zu Beginn einer Legislaturperiode färbt jede neue Regierung die jeweiligen Ministerien, Verwaltungsorgane und staatsnahen Betriebe um. Beließe es die aktuelle Regierung dabei, wäre das noch nicht außergewöhnlich - aber schlimm genug. Wovon wir in letzter Zeit Zeugen werden, hat eine ganz andere Qualität. Zunächst wird die ÖBB diskreditiert, danach der ORF und seine JournalistInnen, in weiterer Folge das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und nun das Arbeitsmarktservice.
Es werden strukturelle Probleme angeprangert, Personen ausgetauscht und anschließend das Unternehmen selbst hinterfragt. Salopp formuliert dürfte es dabei um die Zerstörung bestimmter, alter Strukturen gehen. Genau das vergiftet das gesellschaftliche Klima zusätzlich, zumal vormals vertrauenswürdige Institutionen öffentlich hinterfragt werden, damit eine Partei stets eine Lösung in einer Person anbieten kann. Für die ÖVP ist das Sebastian Kurz, dessen Personenkult im Zweifel über den rechtsstaatlichen Strukturen stehen soll.
Wo Integration stattfindet
Es genügt nicht, Probleme zu benennen. Oder anders formuliert: Ein Problem ist erst ein solches, wenn eine alternative und konstruktive Lösung im Vergleich zum Status quo angeboten werden kann. Obwohl über den Erfolg dieser Haltung vortrefflich diskutiert werden kann, hat das AMS zumindest versucht, Integration als Prozess zu verstehen, der auch auf dem Arbeitsmarkt stattfinden muss.
Sowohl in der Bildung als auch auf dem Arbeitsmarkt gelingt die Integration am besten, weil man an diesem Thema nicht vorbei kommt. Erst im dauerhaften Austausch mit der ansässigen Bevölkerung können die Sprache erlernt, die Haltungen übernommen und die Werte vermittelt werden. Diesen Prozess auslagern zu wollen, zeigt, dass dieses Thema nicht verstanden wird.
Die Querschnittmaterie
Bei der Integration, geschätzte Bundesregierung, handelt es sich um eine Querschnittmaterie. Sie funktioniert ähnlich dem Unterrichtsprinzip in der Schule. Dieses wird auch nicht im Rahmen eines eigenen Faches beigebracht. Noch mehr als die Querschnittmaterie, ist die Integration eine Frage der Kultur. Mit einem in die Gesellschaft getriebenen Keil kann man nicht mehr darauf fokussieren. Genau hier ist meine Angst begründet. Wenn dieser Umstand nicht begriffen wird, was zur Zeit den Anschein hat, wird Integration niemals erfolgreich sein …