Am Sonntag bin ich mit meiner Familie nach einem guten Essen über die Kärntner Strasse im ersten Wiener Gemeindebezirk gegangen, als in mir eine Verwunderung spürbar war. Durch den Wind war es ein kalter Nachmittag und dennoch herrschte das übliche Treiben aus TouristInnen und MusikerInnen. Danach mischten sich PolizistInnen ins Geschehen und kontrollierten die Genehmigungen der MusikerInnen. Zugegeben, es ist der erste Bezirk, aber gibt es nicht wichtigere Aufgaben?
Sie tun niemandem weh
Gleich vorweg: Ich liebe die Musik und ihren Klang. Es mag kein Zufall sein, dass meine wesentlich bessere Hälfte Musikerin ist und als Klavierpädagogin Kindern den Wert der Musik näher bringt. Auch wenn meine Tochter mit knapp über einem Jahr wesentlich musikalischer am Xylophon spielt als ich mit zehn, geht mir das Herz auf. Doch zurück zur Straße.
Jede/r, die/der ein Instrument spielt, weiß, dass kalte Finger eine erhebliche Einschränkung sind. Wer sich bei diesen Temperaturen zum Musizieren auf die Straße setzt, ist wirtschaftlich verzweifelt und möchte ein paar Euro verdienen. Es macht also keinen Spaß. Wenn man dennoch wegen seiner Papiere gepiesackt wird, entsteht schnell der Eindruck der Schikane. Darüber hinaus belästigen diese MusikerInnen niemanden und beleben mit ihren Ergüssen die Stadt.
Das Sicherheitsplacebo
Okay, es gibt Gesetze, die das Treiben von StraßenmusikerInnen regeln. Dennoch stellt sich die Frage, ob es nichts gibt, das tatsächlich die polizeiliche Aufmerksamkeit verlangt. Bekommen wir nicht ständig von den politischen VertreterInnen kommuniziert, dass durch die Zuwanderung, die Arbeitslosigkeit, den Terror oder durch sogenannte „Durchmogler“ eine Gefahr für unseren Sozialstaat besteht?
Wenn dem tatsächlich so ist, hätten die BeamtInnen der Exekutive tatsächlich viel zu tun. Meinem persönlichen Sicherheitsgefühl ist nicht gedient, wenn MusikerInnen kontrolliert werden. Allerdings habe ich stets ein mulmiges Gefühl, wenn ein Kleinlkw auf Wiens größter Einkaufsstrasse - ich wohne in der Nähe - außerhalb der vorgesehenen Zeit fährt.
Die Kirche im Dorf lassen
Wie immer steht die Verhältnismäßigkeit im Zentrum. Ist diese gegeben, wenn in der Kälte StraßenmusikerInnen kontrolliert oder BettlerInnen vertrieben werden? Wenn es keine anderen Herausforderungen gibt, sind derartige Maßnahmen irgendwie nachvollziehbar. Die aktuelle Bundesregierung hat viel Energie eingesetzt, um uns glauben zu machen, es wäre noch nie so unsicher wie jetzt. Dass PolizistInnen auf der Straße patrouillieren, um unwichtige Kontrollen durchzuführen, ist bestenfalls ein Placebo …