Aus der Bildung kommend hat mich diese Meldung verwundert. Die aktuelle Bundesregierung will über 4.000 neue PolizistInnen einstellen. Nachdem ein Gutteil der BeamtInnen in den nächsten Jahren in Pension geht, sind das 2.100 zusätzliche Planstellen. Es wird wieder deutlich, dass die Verteilung der Mittel in einer Demokratie eine Frage der politischen Priorität ist. Der Aspekt der Gesellschaft, der wirklich die Sicherheit erhöht und das friedliche Miteinander fördert, die Bildung, wird in diesem Zusammenhang vernachlässigt.
Kurzsichtigkeit als Ausdruck des Populismus
Mit dem Thema Sicherheit können einige Wählerschichten mobilisiert beziehungsweise bei der Stange gehalten werden. Beide Regierungsparteien setzten im Wahlkampf auf diese Karte. Ihre WählerInnen müssen nun bedient werden. Grundsätzlich geht es in der Politik um die kurzfristige Verwertbarkeit von Maßnahmen, um bei der nächsten Wahl Erfolge vorweisen zu können. Die geplante Einstellung von über 4.000 PolizistInnen ist dafür wunderbar geeignet.
Würden die Verantwortlichen ankündigen, zusätzlich über 4.000 LehrerInnen einzustellen, wird das subjektive Sicherheitsgefühl für den Moment nicht bedient. Dennoch dürfte vielen Menschen einleuchten, dass die Sicherheit einer Gesellschaft durch die Bildung dieser steigt. Natürlich handelt es sich hierbei um eine langfristige Strategie, denn bis die SchülerInnen lernen, respektvoll, tolerant und reflektiert miteinander umzugehen, vergehen etliche Jahre. Dafür ist diese Strategie am nachhaltigsten.
Es könnte sogar argumentiert werden, dass die Kurzsichtigkeit in diesem Zusammenhang ein veritabler Ausdruck des Populismus ist. Populistische Maßnahmen nehmen stets ein aktuelles, meist geschürtes, Gefühl zum Anlass, um sich politisch zu rechtfertigen. Es geht um die Kommunikation einfacher Botschaften, die in leicht verständlichen Maßnahmen von möglichst vielen potenziellen WählerInnen verstanden werden. Gewissermaßen ist der Populismus die Antithese zur nachhaltigen politischen Entwicklung und damit auch der diametrale Gegensatz zu einer fortschrittlichen Bildungspolitik.
Die Kinder bräuchten diese Mittel
Als während der ersten schwarz-blauen Regierung die Eurofighter angeschafft wurden, schockierte mich die Tatsache, dass mit dem Geld, das ein Flieger kostet, jede Schülerin und jeder Schüler beispielsweise mit einem neuen Notebook ausgestattet werden könnte. Seit diesem Zeitpunkt gebe ich mich keiner Illusion hin, dass die Aufwendung von Mittel in unserem Staat lediglich eine Frage der politischen Prioritäten ist. Gibt es ein genügend großes Angebot an Ganztagsschulen?
Stehen entsprechende Ressourcen zur Verfügung, tatsächlich auf die individuellen Stärken und Schwächen der Kinder einzugehen? Wäre es nicht längst an der Zeit, endlich die Klassengröße deutlich zu reduzieren, um den LehrerInnen zu ermöglichen, effektiv ihrer Aufgabe nachzukommen? Eine positive Beantwortung dieser Fragen ist von substanziellen Investitionen abhängig. Dabei haben wir noch nicht über die Verbesserung der Infrastruktur an allen Schulen gesprochen. Die Illusion, dass Reformen in der Bildung stets aufkommensneutral sein müssen, ist Ausdruck einer Minderwertschätzung der politischen Verantwortlichen.
Politische Resignation
Die polizeilichen Sicherheitskräfte aufzustocken erachte ich für eine sinnvolle Maßnahme, eingedenk der vielen Überstunden, welche die BeamtInnen bereits jetzt leisten müssen. Wir alle wissen, dass eine chronische Überbelastung zu Fehlern führt. Dass jedoch Bildung nicht als sicherheitspolitisch relevanter Aspekt wahrgenommen wird, stößt bei mir auf ein völliges Unverständnis. Damit entlarvt die Partei des Innenministers deutlich, dass sie die Bildung in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung unterschätzt und es sind gerade diese Zusammenhänge, die erkannt werden sollten …