Eine Studie zeigte jüngst, dass das kollaborative Lernen den akademischen Erfolg der SchülerInnen fördert. Sie denken vernetzter und schlagen effizienter Brücken des Wissens. Außerdem entwickeln sich die sozialen Kompetenzen in einer Umgebung, in der das kollaborative Lernen gefördert wird, nachhaltig. Nachdem die Unterrichtspraxis diese Lernform nicht etabliert hat, wurde mit dem Projekt CO-LAB aktiv seitens der Europäischen Kommission entgegengesteuert.
Der Unterschied zur Kooperation
Die beteiligten Länder Österreich, Belgien (Flandern), Estland, Irland, Polen und Portugal etablierten in Pilotversuchen kollaborative Lernformen im Unterricht, evaluierten deren Erfolg, bestimmten Faktoren einer effektiven Umsetzung und grenzten den Begriff der Kollaboration von der Kooperation ab. Möchte man diese beiden Begriffe unterscheiden, so lautet die Zielsetzung, dass das Trittbrettfahren im Unterricht unterbunden werden sollte.
Während einer Kooperation arbeiten mehrere SchülerInnen zusammen, es besteht allerdings keine systemische Interdependenz. Wenn die Arbeit einer Schülerin/eines Schülers ausfällt, kann diese leicht kompensiert werden. Bei einer Kollaboration ist die Erfüllung jedes Teiles für den Abschluss eines Projektes immanent wichtig. Fällt die Arbeit eines/r SchülerIn aus, wird das Projekt nicht abgeschlossen. Somit kann es eigentlich keine TrittbrettfahrerInnen geben. Falls doch, handelt es sich um eine Kooperation.
Die sieben Erfolgsfaktoren
Um kollaborative Lernformen in den Unterricht zu integrieren, wurden sieben Erfolgsfaktoren identifiziert. Erstens sollte eine kollaborative Schulkultur vorgelebt werden. Das betrifft auch die Kollaboration zwischen den jeweiligen Lehrkräften. Diese sahen sich bisher als EinzelkämpferInnen, weshalb hier ein systemischer Paradigmenwechsel anstünde. Zweitens müssen die Eltern von Beginn mit einbezogen werden. Das Wettbewerbselement (mein Kind ist das Beste; Anm.) ist während einer Kollaboration hinderlich. Dafür ist es hilfreich, wenn die Eltern an Board sind. Drittens kann die Schule auch Kollaborationen mit anderen Schulen suchen, damit diese Haltung noch mehr zur Selbstverständlichkeit wird.
Viertens sollte den Lehrkräften ein entsprechendes Angebot an Fortbildungen zur Verfügung stehen, damit sie ihren Unterricht um kollaborative Elemente erweitern können. Fünftens werden idealerweise Lehrkräfte dazu motiviert, zu experimentieren. Sechstens müssen die verantwortlichen Direktionen vorab überzeugt werden, zumal diese den pädagogischen Vollzug in einer Schule kontrollieren sollten. Und siebtens eignen sich Kollaborationen besonders gut für das projektbasierte Lernen.
Die Hürden des Alltags
Als erste Hürde kann das zeitliche Korsett identifiziert werden. Eine Unterrichtsstunde von 50 Minuten scheint in den meisten Fällen zu kurz zu sein, um effektiv zu kollaborieren. Darüber hinaus sind die Lehrpläne nicht darauf ausgerichtet und die Leistungsbeurteilungsvorordnung ist bereits mit dem Begriff der Kollaboration überfordert. Die Kombination dieser Faktoren führt dazu, dass sich die Experimentierfreude der Lehrkräfte in den Grenzen des Gewohnten hält.
Eine Frage der Kultur
Das klassische Bild der EinzelkämpferInnen ist tief im Bildungssystem verwurzelt. Im Alltag nehmen sich die SchülerInnen ebenso als solche wahr wie ihre LehrerInnen. Der Leistungsgedanke wird so häufig heraufbeschworen, dass die Schule als Gemeinschaft nur sekundäre Bedeutung hat. Der Wettbewerb soll im Vordergrund stehen. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass im Vergleich mit besseren SchülerInnen jene mit weniger guten Leistungen an den Pranger gestellt werden. Findet eine Kollaboration dieser Leistungsgruppen statt, werden die sozialen Kompetenzen derart geschult, dass hier eine Sensibilität an den Tag gelegt wird. Nachdem Lernen ein primär sozialer Prozess ist, kann diesem Aspekt nicht genug Bedeutung gegeben werden …