Eine Statistik besagt, dass die NutzerInnen von Facebook nur noch zwei Minuten pro Tag das soziale Medium nützen. Bedeutet das zwangsläufig auch, dass es für Bildungszwecke seinen Reiz verliert? Die Bedeutung der sozialen Komponente ist in Netzwerken dieser Art entscheidend. Es geht darum, miteinander zu kommunizieren und sich zu unterstützen. Dass sich SchülerInnen in „Selbsthilfegruppen“ online vernetzen, ist ein Mehrwert, der weiterhin bestehen bleibt. Darüber hinaus wird sich die Rolle von Facebook auch in der Schule ändern.
Noch effektiv?
Jede/r von uns kennt die Problematik. In einem Schulfach treten Fragen auf, die während eines konventionellen Unterrichts nicht beantwortet werden können. Im schlimmsten Fall trägt diese pädagogische Schieflage dazu bei, dass einzelne Stoffgebiete von mehreren SchülerInnen nicht erfasst werden. Sich danach mittels eines sozialen Netzwerks zu verbinden und möglicherweise durch eine eingehende Recherche den Wissensstand zu erweitern, scheint ein folgerichtiger Schritt zu sein.
Es werden Gruppen gegründet und einzelne Fragen gemeinschaftlich beantwortet. Letztlich stärkt das die Kompetenz der Kollaboration und der Kooperation, zumal die Schülerinnen auf Augenhöhe an einem gemeinsamen Ziel arbeiten. In letzter Zeit stellt sich jedoch die Frage, ob es effektivere Wege der virtuellen Kollaboration als Facebook gibt.
Die Gruppenbildung ist mit diversen Messenger-Services wie WhatsApp, Telegram, Threema oder Signal ebenso möglich. Der Vorteil an deren Nutzung ist, dass die Kommunikation noch schneller funktioniert als mit dem Facebook-Messenger. Auch hier können Artikel und Links in die jeweiligen Gruppen gepostet werden, die den kollektiven Wissensstand erweitern können. Vielleicht hat sich Facebook deswegen überholt.
„Facebook“ ist keine Kompetenz
Obwohl die Kompetenz der Kollaboration durch die organisierte Nutzung gestärkt wird, bedeutet das nicht, dass dieses soziale Netzwerk eine Kompetenz per se ist. Für den Gebrauch im Schulbetrieb stellt seine Nutzung daher keinen alleinstehenden Mehrwert dar. Als Blogger bewege ich mich täglich in den sozialen Netzwerken und versuche gekonnt durch die Flut an mehr oder weniger wertvollen Informationen zu surfen. Für den Schulbetrieb übersetzt ist das die Fähigkeit der Selektion von Information.
Auf die sozialen Netzwerke übertragen setzt diese Fähigkeit jedoch die Verwendung mehrerer Anbieter voraus. Neben Facebook gibt es beispielsweise noch Twitter, Google+, LinkedIn, Xing, Instagram, YouTube und viele mehr. Die rückläufige Zeit, die User für Facebook aufwenden ist ein Ausdruck dieses Umstandes. Denn um überall am Laufenden zu bleiben, muss die individuelle Zeit aufgeteilt werden.
Nicht auf Einzelanbieter fokussieren
In der Bildungspolitik vertrete ich seit Jahren stets die gleiche Haltung. Einem Anbieter zu vertrauen, mag für bestimmte Schulen sinnvoll sein, ist aber systemisch gegen den Geist eines pluralistischen Bildungsangebots. Ich habe es stets für einen Fehler erachtet, dass die österreichische Bildungspolitik einen Euromillionenbetrag für den Erwerb von Lizenzen eines Herstellers aufwendet, wenn es bereits heute Open-Source-Angebote gibt, die einen pluralistischen Ansatz der Verwendung verfolgen.
Bei den sozialen Netzwerken sehe ich das ähnlich. Wenn sie in den Unterricht integriert werden, erscheint es ratsam, auf mehrere Anbieter zu vertrauen, wenn es die Zeit erlaubt. Auf diese Weise erhalten die SchülerInnen ein größeres Bild der „sozialen“ Nutzung des Internets. Wenn man mich heute fragt, ob Facebook auch in der Bildungslandschaft an Bedeutung verlieren wird, so bejahe ich diese Vermutung. Allerdings nicht deswegen, weil sich das Netzwerk überlebt hat, sondern weil es mittlerweile zahlreiche Anbieter gibt, die auf die eine oder andere Art in den Unterricht integriert werden könnten. Es obliegt daher der Lehrkraft zu beurteilen, ob ein effektiver Mehrwert durch die Nutzung eines sozialen Netzwerks besteht …