Es geht nicht um die Technik alleine. Die Inhalte für sich genommen erzielen auch noch keinen Unterschied in der pädagogischen Interaktion. Und vermutlich verfehlen innovative, pädagogische Konzepte auch ihre Wirkung, wenn sie nicht optimal unterstützt werden. Worum es in letzter Konsequenz geht, ist diese drei Faktoren zusammenzuführen. An genau dieser Schnittstelle muss es das Ziel aller Bildungsinitiativen sein, Reibungsenergie zu vermeiden.
Die wachsende Ungeduld
Als ich letzte Woche die Messestände der Interpädagogica 2017 inspizierte, stellte ich mir die Frage, warum einige AnbieterInnen noch nie etwas voneinander gehört haben. Mich beschlich das Gefühl, dass mehrere Initiativen versuchen, in regelmäßigen Abständen das Rad neu zu erfinden. Gemein ist ihnen der gefühlte Stillstand in der Bildungspolitik. Diese wachsende Ungeduld unter den verschiedenen Stakeholdern der Bildungslandschaft war auf der Interpädagogica deutlich zu spüren.
Die Pädagogik steht im Vordergrund
Dass es nicht um die Technik alleine geht, war spätestens dann klar, als neue Entwicklungen fast in die Klasse geworfen wurden und die Lehrkräfte herauszufinden hatten, wie sie dem pädagogischen Prozess dienen könnten. Nachdem die Lehrkräfte, dem Buchstaben des Gesetzes nach, frei bei der Wahl ihrer Unterrichtsmittel sind, haben viele dieses Spiel nicht mitgemacht und entsagten technologischen Errungenschaften. Das Resultat war eine rückschrittliche Pädagogik.
Wenn die Schule 4.0 erfolgreich umgesetzt werden soll, benötigen wir systemische Anstrengungen und keine „oberflächigen“ Reformen, die wieder nicht den pädagogischen Prozess beleuchten. Bestenfalls greifen Reformen in den Bereichen der pädagogischen Entwicklung, der technologischen Errungenschaften und des Inhalts ineinander. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass stets die Pädagogik im Vordergrund steht und alle Neuerungen rund herum diese unterstützen müssen.
Das System ist gefragt
Das bedingt aber auch, dass die pädagogischen Konzepte ohne politische Scheuklappen in periodisch möglichst kurzen Abständen stetig hinterfragt werden. Nur so gelänge eine fortwährende Symbiose der drei eben genannten Bereiche. Einige Stakeholder haben diese Notwendigkeit bereits erkannt. Als ich letzte Woche die Interpädagogica, Österreichs größte Bildungsmesse, besucht habe, positionierten sich einige AusstellerInnen diesbezüglich eindeutig. Beispielsweise fand ich mit Areeka eine App, die bestehende Schulbücher um den Aspekt der Augmented Reality erweitert.
Interessant war, dass verschiedene AusstellerInnen gemeinsam mit der Firma projektor.at kooperiert und einen stimmigen Messeauftritt hingelegt haben. Nachdem dieser Stand auch noch dem des Bundesministeriums für Bildung gegenüber lag, hat auch Bildungsministerin Sonja Hammerschmid die Notwendigkeit der Integration von Pädagogik, Technologie und Inhalt am eigenen Leib erfahren und gesehen, dass hier noch einige Anstrengungen zu unternehmen sind. Es bleibt zu hoffen, dass ihr/e NachfolgerIn das ähnlich sieht.
Da sehe ich Verbesserungspotenzial
Auf der Messe sah ich unzählige, verschiedene AnbieterInnen von Dienstleistungen, Produkten und Technologie. Für einen kurzen Moment möchte ich an dieser Stelle einen Brief mit Wünschen an das Christkind formulieren: Wäre es nicht wunderbar, gäbe es ein systemisches Konzept, dass verschiedene Entwicklungen und Produkte unter einem Dach vereinen könnte? Das brächte zwei entscheidende Vorteile mit sich. Erstens würde die Qualität des pädagogischen Prozesses mittels eines einzigen Kanals verbessert werden. Zweitens könnten kleine Startups und bestehende Firmen mit etwas Planungssicherheit in die Qualitätssteigerung der Bildung investieren.
Sie wären damit nicht mehr EinzelkämpferInnen, sondern in einem „Verbund“ innovativer AnbieterInnen. projektor.at hat hier meiner Einschätzung nach eine Vorreiterrolle eingenommen. Ich denke hier an die Kooperation mit dem Wiener Stadtschulrat, den Start der Veranstaltungsreihe der KPH Wien/Krems, die Beteiligung am Future Learning Lab der PH Wien und Anstrengungen auf diversen Messen.
Das gefällt mir schon jetzt
Wenn das Rezept gut ist, können die Weihnachtskekse oft misslingen, aber irgendwann hat man den Dreh heraus. Ähnliches beobachte ich in der österreichischen Bildungslandschaft. Die Zutaten stimmen. Wir haben innovative Firmen, die sich einer fortschrittlichen Pädagogik verschrieben haben und einen gesellschaftlichen Konsens, dass eine Veränderung gebraucht wird. Wenn der Katalysator Politik diese Zutaten zu einem stimmigen Rezept verwerten kann, sehe ich der Zukunft durchaus positiv entgegen. Viel erschütternder wäre es, gäbe es diese Initiativen in der Gesellschaft nicht. Nur bleibt die Frage, ob dieser Katalysator die vorhandenen Zutaten verwerten kann …