Seit Jahren beobachte ich mit einiger Skepsis, wie eine namhafte Software-Firma Lizenzen für ihre Produkte an das österreichische Schulsystem verkauft. Das Bildungsministerium gibt für diese jährlich etwa 2,5 Millionen Euro aus. Wirklich? Gibt es nicht andere Lösungen, die den Horizont der SchülerInnen etwas verbreitern? Pädagogisch macht es wenig Sinn, auf eine einzige Software zu setzen …
Mein Verständnis
Die Vermittlung digitaler Kompetenzen kann nicht nur an einem Beispiel hängen. Das Ziel muss sein, dass die SchülerInnen mit entsprechenden, digitalen Kompetenzen die Schule verlassen und nicht nur Anwender- sondern auch Prozesswissen haben. Seit mehr als einem Jahrzehnt setze ich auf eine Marke und eine Software-Lösung, weil mir diese Kompetenzen in der Schule nicht vermittelt wurden. Ich kann offen sagen, dass mich die Logik der Firma aus Cupertino anspricht. Aber das mag nicht für jede/n gelten.
Ideal wäre es, wenn die SchülerInnen mit verschiedenen Lösungen konfrontiert wären, damit sie diese effektiv in ihren Alltag integrieren können. Das wäre mein Verständnis des Bildungsauftrages. Die zweite Möglichkeit wäre, auf die technisch beste Lösung - sofern das einzuschätzen ist - zu setzen. Aber die verschiedenen Berufsbilder haben hier unterschiedliche Kriterien. BuchhalterInnen werden andere Anforderungen als GrafikerInnen haben. In der Schule wäre es wichtig, jene Lösung zu wählen, welche die Pädagogik ins Zentrum stellt.
Der Bremsfaktor
In dieser Debatte wird ein Faktor gerne vergessen. Die Eltern. Um ihren Kindern zu helfen, werden sie - vielleicht aus Angst oder Zeitmangel - jene Lösung propagieren, die sie vom beruflichen Alltag kennen. In den meisten Fällen heißt diese Lösung Windows. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es gibt kostengünstige Geräte, das Umfeld der SchülerInnen ist zumeist mit ihnen vertraut und es gibt so gut wie nie Probleme mit der Connectivity. Doch vielleicht gibt es bessere Lösungen aus der Sicht des Bildungsauftrages.
Ich persönlich, das sage ich gleich vorweg, bevorzuge Geräte von Apple, zumal mich diese nie im Stich gelassen haben und wahre Arbeitstiere sind. Aber für die Verwendung in der Klasse sind, wenn die Kosten verständlicherweise ein Kaufargument sind, Open Source Lösungen zu bevorzugen. Und auf diesem Gebiet gibt es, gerade zu Bildungszwecken, sehr viele Angebote und eine sehr aktive Community.
Es ist mir weiters schleierhaft, warum Lizenzgebühren für Office-Pakete ausgegeben werden. OpenOffice oder LibreOffice bieten hier kostenlose Lösungen an, die dem Pendant von Microsoft um fast nichts nachstehen. Als ich vor drei Jahren meiner Frau einen Computer schenkte, meinte sie, dass wir nochmals investieren müssen, zumal keine Office-Anwendung installiert war. Ich brachte sie danach auf OpenOffice und sie war begeistert.
Strategie hinterfragen
Aus meiner Sicht sind die Lizenzgebühren, die das österreichische Bildungsministerium jährlich an Microsoft bezahlt, zu hinterfragen. Wir alle wissen, dass Verbesserungen in die Bildung Kosten verursachen und angesichts der Budget-Knappheit jede Investition beleuchtet wird. Wenn sich das Bildungssystem jährlich 2,5 Millionen Euro erspart, kann dieses Geld möglicherweise in die Ausweitung neuer pädagogischer Ansätze investiert werden. Oder vielleicht subventioniert man damit die jeweiligen Schulstandorte direkt.
Man würde aus politischer Sicht einer weiteren, prekären Lage aus dem Wege gehen. Wer haftet, wenn in Schulen kopierte Lizenzen verwendet werden? Sind es die Eltern der jeweiligen SchülerInnen, die Schulleitung oder das Ministerium? Denn im schulischen Alltag kommt es bestimmt vor, dass einmal ein Gerät neu aufgesetzt oder hinzugefügt werden muss. Aus privatwirtschaftlicher Sicht läge in den meisten Fällen eine Verletzung der Lizenzvereinbarung vor. Aber die Schule ist in diesem Sinne kein privatwirtschaftlicher Bereich. Um dieses juristische Dilemma zu vermeiden, könnte Open Source eine Lösung anbieten, oder man investiert in die vorher erwähnten Arbeitstiere …