Manchmal ist das schon Fremdschämen deluxe. Während der gesamten Diskussion zu sexuellen Übergriffen stellen manche Männer lautstark ihre Ignoranz und Unmündigkeit zur Schau. Als Mann schäme ich mich, wenn meine Geschlechtsgenossen meinen, man wüsste nicht mehr, was noch erlaubt wäre und wie man eine Frau ansprechen sollte. Dabei stellen sich diese Männer unmündiger als sie sind.
Die Verantwortung der Bildung
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“ (Immanuel Kant) Vielleicht ist das der Grund, warum ich immer wieder darauf poche, dass wir in unserer Kultur in allererster Linie nicht dem Christentum, sondern der Aufklärung verpflichtet sind. Ihre Prinzipien stehen in einem diametralen Gegensatz zur dogmatischen Lehre des Christentums.
Und genau diese dogmatischen Handlungsanweisungen sollen nun den Verstand, die Erziehung und die Bildung bei manchen Männern ersetzen. Doch diesen „Gefallen“ wird ihnen die Gesellschaft hoffentlich nicht machen. Denn die gegenseitige Wertschätzung, egal ob einer Frau oder einem Mann gegenüber, ist die Basis eines funktionierenden Miteinanders.
In den Bildungsinstitutionen müssen diese Prinzipien konsequent vermittelt werden. Denn erschreckend ist, dass vielerorts die Eltern als erzieherische Institution ausfallen. Ich betrachte diese Thematik gerne von der anderen Seite. Welcher Umgang wird in manchen Elternhäusern gepflogen, dass derartige Macho-Argumentationen und Fehlverhalten als „normal“ gelten? Wenn jedoch auf gegenseitige Wertschätzung und Respekt in der Bildung/Erziehung wertgelegt wird, fallen die bekannten „Ausreden“ eigentlich weg.
Miteinander in einer Gesellschaft
Ich vergleiche gerne die Dynamik einer Gesellschaft mit jener des Straßenverkehrs. Wenn wir nicht gegenseitig aufeinander achten, sind Unfälle am laufenden Band die Konsequenz. Denn im Gegensatz zu dem, was manche „AuffahrerInnen“ zu glauben scheinen, geht es auch im Straßenverkehr nicht darum, das Recht des Stärkeren durchzusetzen, sondern in einem kooperativen Verhältnis mit den anderen TeilnehmerInnen Sicherheit zu gewährleisten.
Idealerweise gibt man aufeinander Acht. Im zwischenmenschlichen Umgang verhält es sich ähnlich. Man geht auf das Gegenüber ein und bekommt innerhalb von Sekunden ein Gefühl dafür, was meinem/r GesprächspartnerIn unangenehm ist. Automatismen gibt es hier nicht. Daher ist es so wichtig, Empathie an den Tag zu legen.
Die Wertschätzung weist den Weg
Als Mann stört mich, dass meine Geschlechtsgenossen so tun, als bräuchte man für die zwischenmenschliche Kommunikation Gebote und Verbote. Nein! Wie wäre es, wenn die gegenseitige Wertschätzung den Weg weist? Das minimiert die Gefahr, dass ich jemanden in eine unangenehme oder herabwürdigende Lage bringe.
So zu tun, als wäre dafür eine Anleitung notwendig, stellt Männer dümmer dar, als sie sind und zieht die längst notwendig gewordene und öffentliche Diskussion über sexuelle Belästigung ins Lächerliche. Das haben sich die Opfer ganz bestimmt nicht verdient. Und Menschen wie Nina Proll sei erklärt, dass es nicht darum geht, wie sich Frauen, sondern wie wir Männer uns zu verhalten haben. Vielleicht wäre es wirklich an der Zeit, respektvoll miteinander umzugehen, statt stets die Grenze zwischen dem gesetzlich Erlaubten und der Moral zu beschreiten …