Immer diese Offshore-Schlupflöcher

Loch
Quelle: https://pixabay.com/de/loch-zerrissen-papier-durch-runde-2038433/ 07.11.2017

Panama-Papers, Cayman Islands und jetzt Paradise Papers. Offshore-Konstruktionen zur Steuervermeidung werden gerne von jenen verwendet, die es sich leisten können. Der Effekt: Den jeweiligen Staaten entgeht damit sehr viel Steuergeld, das aber zur Erhaltung grundlegender Systeme gebraucht wird. In Österreich wird das fehlende Geld von jenen eingeholt, die es sich eigentlich nicht leisten können oder es wird das Narrativ der Budgetknappheit bemüht. Zeit, umzudenken!

Von Verantwortung und Egoismus

Wir leben in einer Solidargemeinschaft, zumindest theoretisch. Jede/r leistet seinen/ihren fairen Beitrag in einem Staat, der darauf achtet, dass jene Unterstützung erfahren, die ihrer bedürfen. So funktioniert unser Wohlfahrtsstaat. Doch manche, die einen besonders großen Anteil leisten könnten - und fairerweise auch sollten - finden irgendwelche Konstruktionen, um Steuern zu sparen.

In einem Sozialstaat und einer halbwegs befriedeten Gesellschaft zu leben, erfordert das Wahrnehmen der Verantwortung aller. Und dieses Verantwortungsgefühl geht mir manchmal ab. Ich höre von der Forderung, dass die direktdemokratischen Elemente ausgebaut werden sollten, frage mich aber, ob wir dafür reif sind. Denn direkte Demokratie bedeutet, Verantwortung für das gesamte Staatsgebilde wahrzunehmen. In der Schweiz ist diese Tradition seit Jahrhunderten verankert.

Wegschild ("you, me, we")
Quelle: https://pixabay.com/de/ich-du-wir-gruppe-silhouette-67355/ 07.11.2017

Aber wenn es schon bei der Leistung der fairen Abgaben scheitert, wie soll die Umsetzung der direktdemokratischen Verantwortung funktionieren? Oder geht es tatsächlich nur darum, Partikularinteressen in plebiszitären Strukturen umzusetzen? Das wäre eine neue Form des Klientelismus, die mir nicht behagt. Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass der Egoismus jener, die eine größere Verantwortung wahrnehmen sollten, die Grundfeste wohlfahrtsstaatlicher Errungenschaften, um die uns viele weltweit beneiden, in Gefahr bringt.

Tatsächlicher Sozialmissbrauch

Wir alle sind gegen den Missbrauch sozialstaatlicher Leistungen. Aber ist es nicht auch eine Form von Missbrauch, sich aus der Verantwortung zu verabschieden? Von jenen BürgerInnen, die Sozialleistungen erhalten, erwarten wir auch, dass sie diese verantwortlich und nicht unrechtmäßig beziehen. Also wäre es nicht ebenso ein medial anzuprangerndes Vergehen, dem Staat seine Leistungen vorzuenthalten?

Wir leben aktuell in einer Zeit, in welcher der Bekämpfung des Sozialmissbrauchs viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, gerade im Zusammenhang mit der Mindestsicherung. Wenn man aber bedenkt, dass ein Vielfaches der Mindestsicherung mit den entgangenen Einnahmen finanziert werden könnte, verleiht das der Diskussion eine andere Perspektive.

Die Betroffenen sind sozial Schwache

Verzweifelte Haltung
Quelle: https://pixabay.com/de/verzweifelt-spannung-betont-problem-2676556/ 07.11.2017

In dieser Diskussion macht mich ein Aspekt besonders traurig. Entgeht dem Staat durch dieses Verhalten Geld, fehlt dieses zur Finanzierung unseres Staates. Es fehlt bei der Finanzierung unseres Gesundheitswesens, bei den Kindergärten und Schulen, bei Investitionen in die Infrastruktur und bei der Pflege der älteren MitgliederInnen der Gesellschaft. Von unseren künftigen Regierungsparteien höre ich immer, wie sie den Sozialmissbrauch und die Zuwanderung in unser Sozialsystem unterbinden wollen, um seine Finanzierung zu sichern. Doch vielleicht wäre es an der Zeit, auch von den Finanzstärkeren ihre Verantwortung einzumahnen, statt das Geld bei der Mittelschicht einzuholen oder zu behaupten, der Sozialstaat wäre nicht mehr finanzierbar …