In den Jahren 2008 bis 2016 mussten jährlich durchschnittlich 14 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen. Der Grund: Klimakatastrophen und Zerstörungen durch den Klimawandel. Dabei tragen diese Menschen so gut wie nichts zur Verschärfung des Klimas bei. Ein Grund, bei uns nachzudenken. Denn, wenn diese Menschen flüchten, dürfen wir uns nicht wundern.
Der verkehrte politische Diskurs
Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich in meinem persönlichen Umfeld auf eine halbwegs nachhaltige und klimafreundliche Lebensweise achte. Die Zahlen der Hilfsorganisation Oxfam schockieren mich dennoch. Bei uns jammern wir über zu warme Sommer und, dass wir im Winter nicht mehr, oder nur sehr eingeschränkt, dem Schisport nachgehen können. Doch die Flucht antreten zu müssen, weil die Lebensgrundlage verloren geht, ist eine ganz andere Hausnummer.
Wir sprechen immer von der Bekämpfung der Fluchtursachen und haben dabei kriegerische Konflikte im Sinn. Aber die Flucht wegen Gründen des Klimas kommt im politischen Diskurs kaum vor. Die Bekämpfung dieser Fluchtursachen müsste eine schärfere Klimapolitik und nicht ständig diese halbherzigen Lippenbekenntnisse nach sich ziehen.
In den wohlhabenderen Ländern haben wir den Luxus, die Auswirkungen des Klimawandels etwas zu dämpfen. Klar, das Wetter wird wärmer und der Niederschlag geringer und wenn er kommt, dann heftiger. Aber gerade in Österreich haben wir genügend natürliche Ressourcen um unseren Lebensstandard einigermaßen aufrecht zu erhalten und die finanziellen Mittel, unsere Wohnräume zu kühlen. Wir können auch Barrieren aufbauen, damit die negativen Effekte von Überschwemmungen in Grenzen gehalten werden. Auch im alpinen Bereich werden wir Vorkehrungen treffen.
Armut als Risikofaktor
In den betroffenen Entwicklungsländern sind diese Ressourcen nicht vorhanden. Die Menschen in diesen Ländern leben ohnehin in einem wärmeren Gebiet. Wenn die Temperaturen weiter steigen, wird der örtlichen Bevölkerung die Lebensgrundlage entzogen. Der Anbau von Lebensmitteln wird schwieriger, die Wasserreserven sind bald erschöpft und der Regen bleibt aus.
Wirklich traurig macht mich, dass die Menschen in den betroffenen Ländern wenig zum CO2-Ausstoß der Menschheit beitragen und, was den ökologischen Fußabdruck betrifft, sich weit unter dem Niveau der Industriestaaten befinden. Dennoch leiden sie überproportional an den Folgen des Klimawandels. Kurz: Sie leiden unter den Folgen, die wir in den Industrienationen verursachen. Und wenn sie dann zu uns flüchten wollen, sind wir verwundert.
Verantwortung wahrnehmen?
Üblicherweise würde ich hinter diese Überschrift ein Rufzeichen setzen. Doch dieser Aufruf bleibt wegen einer resignierenden Haltung aus. Vermutlich ist die Ignoranz der Industriestaaten mit meinem Idealismus nicht vereinbar. Und diese Ignoranz ist auch nicht mit einer fundierten Bildung in Einklang zu bringen.
Denn aus der Erkenntnis, dass 14 Millionen Menschen jährlich die Lebensgrundlage entzogen wird, erwächst eigentlich eine Verantwortung jener, die helfen können, tatsächlich Veränderungen herbeizuführen. Die USA sind aus dem Klimavertrag ausgestiegen und auch hierzulande vermisse ich die konkreten Maßnahmen. Die einzigen Maßnahmen, von denen ich bei uns lese, betreffen irgendwelche Fluchtrouten und Quoten. Ist das noch Realpolitik?