Eine Demokratie am Scheideweg

Mann steht auf Straße
Quelle: https://static.pexels.com/photos/68257/pexels-photo-68257.jpeg 16.10.2017

Nach der Wahl geht es um eine vorsichtige Analyse. Vor einiger Zeit habe ich einen Schweizer Beitrag auf 3Sat gesehen. In diesem wurde Österreich schon als rechte Bastion Europas bezeichnet. Mir bereitet eine ganz andere Entwicklung Sorgen. Wir können darüber reden, dass es in Österreich eine Mehrheit rechts der Mitte gibt. Aber wesentlicher ist, dass Stimmungsmache und Emotionen wichtiger geworden sind, als konkrete, zukunftsrelevante Konzepte und Antworten.

Es ging um eine Richtungsentscheidung, aber …

Seit Jahren funktioniert die Wahlkampfmaschinerie der Parteien perfekt. Nach Jahren des gefühlten Stillstands, obwohl ich diesen Befund in Frage stellen würde, wird eine Richtungswahl inszeniert. Uns WählerInnen wird gesagt, es hat sich bisher nichts geändert, weil „wir“ (die jeweilige Partei, Anm.) nicht stark genug waren. Doch jetzt besteht die Chance auf eine echte Veränderung.

Wir alle, mich eingeschlossen, glauben diesen Unfug. Die Realität ist, dass auch nach einer Wahl Koalitionen gebildet und Kompromisse geschlossen werden müssen. Das ist das Tolle an einer repräsentativen Demokratie. Die Meinungen und Wünsche der WählerInnen werden halbwegs genau dargestellt. Und die Aufgabe der PolitikerInnen ist nicht, in einem Machtrausch die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen, sondern gemäß des Auftrags der WählerInnen zu regieren.

Richtungspfleile
Quelle: https://static.pexels.com/photos/394377/pexels-photo-394377.jpeg 16.10.2017

Ich sehe tatsächlich eine Richtungsentscheidung, aber nicht so, wie sie von den politischen VertreterInnen interpretiert wird. Die Richtungsentscheidung, von der ich spreche, nimmt die BürgerInnen in die Pflicht. Wir sind es, die endlich Verantwortung wahrnehmen müssen und sie nicht auf die PolitikerInnen abwälzen. Die letzte Nationalratswahl wurde zum Personenkult der SpitzenkandidatInnen. Kern, Kurz, Strache, Pilz, Strolz und Lunacek wurden größer als ihre Parteien dargestellt und doch wählen wir die Parteien. Nach einer starken Persönlichkeit zu rufen, ist eine Entwicklung, die ich mit großer Sorge beobachte. Vielleicht wäre es an der Zeit, uns BürgerInnen in die Pflicht zu nehmen und Verantwortung einzufordern. Aber das hieße, dass wir uns mit Programmen wesentlich mehr beschäftigen müssen, als mit Personen.

Wo sind die Inhalte?

Dieser Befund macht mich wirklich traurig. Die Taktik einer Partei ist nur noch darauf ausgelegt, welche Botschaften aktuell mehrheitsfähig sind. Dass es die Aufgabe der Politik sein kann, künftige Herausforderungen zu antizipieren und anzusprechen, steht nicht im Vordergrund. Aktuell brennt vielen Menschen das Thema Migration unter den Fingernägeln. Aber was ist mit der Bildung oder dem Klimawandel? Und haben die politischen VertreterInnen dafür eine Antwort oder ein Konzept?

Oder provokanter formuliert: Interessieren sich die Menschen noch für diese Konzepte und Antworten? Auf der einen Seite bieten die PolitikerInnen nur noch medienwirksame Stehsätze an. Auf der anderen Seite fehlt das Verlangen der BürgerInnen nach tatsächlichen Inhalten und Konzepten. In einer Art Personenkult wird der einen Person vertraut, die es richten soll. Wir alle klagen über den (Rechts)Populismus. Aber dieser Populismus setzt eben auch inaktive BürgerInnen voraus, die sich von populistischen Manövern beeindrucken lassen und ihre Inaktivität mit einem Kreuz in der Wahlkabine für beendet erklären.

Die Lehren eines Wahlsonntags …

Lehre
Quelle: https://pixabay.com/de/weiße-männchen-3d-model-freigestellt-1834099/ 16.10.2017

Lehren nach einem Wahlsonntag zu ziehen, der massive Veränderungen gebracht hat, ist vielleicht etwas zu früh. Doch es kann festgehalten werden, dass die Mehrheit rechts der Mitte nun konsolidiert wurde und sich durch das Ausscheiden von BZÖ und Team Stronach von vier auf nur noch zwei Parteien konzentriert. Dass allerdings die Grünen um den Einzug ins Parlament zittern müssen, ist ein Novum und zeigt eine Zersplitterung des grünen Milieus. Und was bedeutet dieser Wahlsonntag für die Bildungspolitik? Energische Reformen der pädagogischen Interaktion dürften auch in den kommenden Jahren ausbleiben. Aber umgekehrt ist der Auftrag an die politische Bildung vielleicht eindeutiger denn je. Unseren SchülerInnen muss früh der kritische Umgang mit diffizilen Materien gelehrt werden. Denn nur so hat der demokratische Prozess im eigentlichen Sinn Zukunft …

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