Die Fehlersuche setzt sich fort

Radiergummi
Quelle: https://static.pexels.com/photos/35202/eraser-office-supplies-office-office-accessories.jpg 13.10.2017

Ist es die Aufgabe der Pädagoginnen und Pädagogen die Schwächen und Fehler der SchülerInnen zu suchen und zu finden? Möglicherweise. Aber dabei wird oft vergessen, die Einzigartigkeit des menschlichen Individuums wertzuschätzen. Es mag viele Gründe geben, warum ich seit langer Zeit für eine grundlegende Überarbeitung der pädagogischen Konzepte plädiere. Die Schule des 21. Jahrhunderts sollte weg vom fehlersuchenden Frontalunterricht, hin zur Stärken-fördernden Kollaboration der SchülerInnen gehen. Was meine ich damit?

Eine treffende Bezeichnung

Ich habe bereits an früherer Stelle moniert, dass die Bildungspolitik im aktuellen Wahlkampf eine untergeordnete Rolle spielt, obwohl es sich neben dem Klimawandel um das vermutlich wichtigste Zukunftsthema handelt. Doch während der letzten TV-Konfrontation im ORF, der sogenannten Elefantenrunde, wurde das Bild der SchülerInnen als Fehler-Suchbild kommuniziert. Diese Analogie gefällt mir. 

Denn auch in der Bewertung der Leistungen steht im Vordergrund, was nicht erbracht wurde und welche Defizite noch bestehen. Ich habe selten gehört, dass eine Lehrkraft eine gute Note vergibt, weil das vorhandene Talent besonders gut genützt wurde. In der Bewertung der Leistungen ist zumeist klar definiert, was erbracht werden muss, um ein „Sehr gut“ zu erhalten, jedoch werden selten die Voraussetzungen und Talente in Betracht gezogen.

Schlüsselanhänger mit lehrer Schild
Quelle: https://pixabay.com/de/schlüsselanhänger-schlüssel-begriffe-157133/ 13.10.2017

Wäre es nicht an der Zeit, die individuellen Talente und Stärken in die Bewertung einfließen zu lassen, statt scheinbar objektive Maßstäbe anzusetzen? Denn objektiv ist der Notenschlüssel nicht. Diese Illusion muss ich meinen LeserInnen leider nehmen. Einerseits gibt es zwischen den Schulen erhebliche Unterschiede, andererseits können wir diese zwischen den jeweiligen LehrerInnen feststellen. Und in diese scheinbar objektive Bewertung sollen alle SchülerInnen mit ihren Stärken und Schwächen gepresst werden. Am leichtesten geht das natürlich über die Suche von Schwächen und Fehlern. Doch ist das zeitgemäß?

Die Bequemlichkeit des Frontalunterrichts

Lösungen zu implementieren, welche die Stärken der SchülerInnen gleichermaßen wie die Schwächen berücksichtigen, sind zeitaufwendig. Bequemer und zeitschonender ist es, die jeweiligen Defizite hervorzuheben. Dafür ist das aktuelle Schulsystem treffend konzipiert. Um die Menschen auf die Herausforderungen der industriellen Revolution vorzubereiten, war eine Bildung/Ausbildung in einem standardisierten Takt von 50 Minuten effizient und der Frontalunterricht ein probates Mittel der Vermittlung. Die SchülerInnen konnten auf diese Weise einfacher an einem Maßstab gemessen werden.

Beim Thema Frontalunterricht sträubt sich alles in mir. Natürlich wird es immer Themen geben, die den SchülerInnen erklärt werden müssen. Aber das hat noch nichts mit Frontalunterricht zu tun. Die meisten Menschen verstehen darunter, dass die Lehrkraft an der Tafel steht und hofft, dass die SchülerInnen nicht in einen Tiefschlaf verfallen, während sie etwas erklärt. Warum ich seit langer Zeit ein Gegner dieser Methode bin, ist das Erklärungsmuster des Stoffes, den die SchülerInnen lernen sollten. Die Lehrkraft setzt voraus, dass die SchülerInnen ihre Herangehensweise, ihre Logik und ihre Erklärung adaptieren.

Wir Menschen sind allerdings so unterschiedlich, dass Sie kaum für etwas dieselbe Erklärung haben werden, wie ich. Löse ich ein Textbeispiel in der Mathematik, wird sich mein Lösungsweg vermutlich von anderen unterscheiden. Anzunehmen, dass nur der Lösungsweg der Lehrkraft zum Ziel führt, ist beinahe töricht. Für mich bedeutet „Frontalunterricht“ stets, dass die vorgeschlagenen Lösungswege der Lehrkraft übernommen werden.

Die Fehlersuche im Alltag

Fotograph mit Teleskopobjektiv
Quelle: https://pixabay.com/de/fotograf-fotografie-kamera-linse-80122/ 13.10.2017

Die Fehlersuche ist bereits weit in unseren Alltag vorgedrungen. Wenn wir mit Mitmenschen zum ersten Mal sprechen, sind wir automatisch auf ihre Unzulänglichkeiten fokussiert. Wenn - aus gegebenem Anlass sei dieses Beispiel erwähnt - zwei PolitikerInnen an einem Tisch sitzen und diskutieren, geht es stets um die Schwächen des Anderen. Bei der Kindererziehung machen manche Eltern den Fehler, ihre Kinder zu vergleichen. Als ob es eine Norm bezüglich des Wachstums, der Essgewohnheiten oder der Fähigkeiten gäbe. Vermehrt wird dieses Verhaltensmuster aufgelöst. Und genau dasselbe verlange ich von einer fortschrittlichen Pädagogik. Der Mensch sollte als Individuum mit seinen Stärken und Schwächen unvoreingenommen wahrgenommen werden …

Newsletter

* Pflichtfeld