Gestern feierten wir den World Teachers’ Day. Unter dem Motto „Teaching in Freedom, Empowering Teachers“ soll an diesem jährlichen Tag der Erinnerung allen MitgliederInnen der Gesellschaft die Bedeutung des Lehrberufes zum 51. Mal vor Augen geführt werden. Und die Herausforderungen an die LehrerInnen sind heutzutage größer geworden. Sind wir uns der Bedeutung des Lehrberufs bewusst?
Die Gesellschaft entwickelt sich
Das primäre Ziel von uns Eltern bei der Auswahl der Schule für unsere Kinder ist, dass unsere Jüngsten bestmöglich auf das Leben vorbereitet werden. Wir suchen die Schule nach ihrem Ruf und ihren pädagogischen Referenzen aus. Der Lehrkörper hat damit sehr viel zu tun. Gute LehrerInnen können eine Schule mit schwierigen Voraussetzungen extrem gut aussehen lassen, schlechte LehrerInnen können allerdings den Ruf der Schulen mit den besten Voraussetzungen in Misskredit bringen.
Die Entwicklungen unserer Gesellschaft hören nicht bei den Schultoren auf. Allein, was in den letzten 50 Jahren passiert ist, legt Zeugnis darüber ab, wie dynamisch alles Änderungen unterzogen ist. Die Rolle der Geschlechter, die Bedeutung der „neuen“ Technologien, die veränderte Berufswelt und die demokratische Verantwortung in einer Gesellschaft, die von Angst getrieben orientierungslos zwischen Terrorverdacht und Sozialkürzungen lebt.
Dazu kommt noch die Selektion von Quellen, Fakenews und die individuelle Verantwortung wenn es um unser Klima geht. In diesem Spannungsfeld erhoffen wir Eltern uns, dass unsere Kinder von den Lehrkräften gut vorbereitet werden. Dabei sollen nicht nur Maßnahmen gesetzt werden, die individuelle Verantwortung wahrzunehmen, sondern unsere Jüngsten sollen auch gegen Tendenzen der Radikalisierung immun sein. Früher galt, dass die SchülerInnen in die Schule gehen, um Wissen vermittelt zu bekommen. Doch vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels, wurde dieses Bild stark erweitert.
Die Pervertierung der Bildung
Diese Formulierung stammt von einem Industriellen meiner Vorgängergeneration und drückt vieles aus. Mit der Pervertierung der Bildung ist ein Rollentausch der Pädagoginnen und Pädagogen gemeint. Nachdem das Elternhaus vielerorts als erzieherische Institution ausfällt, sind die LehrerInnen mit erzieherischen Aufgaben konfrontiert. Ihre Aufgabe ist plötzlich, zur Sozialisierung der Kinder beizutragen.
Folgerichtig kommt die Vermittlung des Lehrstoffs zu kurz und eine florierende Nachhilfe-Wirtschaft soll die fachlichen Versäumnisse nachholen. Und wenn die Lehrstoffvermittlung so organisiert werden muss, kann Bildung schnell zu kostspieligen Materialschlacht werden. Denn Nachhilfestunden sind kostspielig. Die können wiederum nur jene SchülerInnen wahrnehmen, deren Eltern sich die Nachhilfe leisten können. Sozial gerecht ist das sicher nicht.
Der technologische Wandel
Am auffälligsten ist der technologische Wandel im Klassenzimmer. Als ich noch zur Schule ging, war ich der erste meiner MitschülerInnen, der ein Mobiltelefon sein Eigen nannte. Heute hat jede/r ein Smartphone, einen Laptop und/oder ein Tablet. Die Lehrpraxis musste auf diese Veränderung reagieren und teilweise muss sie das immer noch. Nicht nur, dass neue Medien den Weg ins Klassenzimmer gefunden haben, sie haben sich auch unglaublich schnell verändert. Daher wird ein so starker Fokus auf die Vermittlung der sogenannten Kompetenzen des 21. Jahrhunderts gelegt. Denn die Inhalte verändern sich stetig beziehungsweise unterliegen andauernden Erweiterungen. Und: Die SchülerInnen können binnen Sekunden verifizieren, ob eine Lehrkraft noch zeitgemäß informiert ist. Damit müssen die LehrerInnen auch erst lernen, umzugehen.
Aufregender Beruf
Dass es aufregend ist, ein/e LehrerIn zu sein, darf nie vergessen werden. Es obliegt der Verantwortung der Pädagoginnen und Pädagogen, die Jugend zu formen. Ich kann mich noch an meinen Deutschlehrer erinnern, der mich wie keine andere Lehrkraft prägte. Doch das Aufregendste am Lehrberuf ist, sich der gesellschaftlichen Veränderungen bewusst zu sein und eine diversifizierte Gruppe an Menschen auf verschiedenen Ebenen zu erreichen. Das ist weit weniger idyllisch, als diese Zeilen vermuten ließen, aber umso wichtiger. Während der Zeit der Schulpflicht verbringen die LehrerInnen mehr wertvolle Zeit mit den Kindern als ihre Eltern. Dass ihnen einmal im Jahr ein eigener Tag gewidmet wird, ist das Mindeste …