Ich zähle mich noch nicht zu den älteren Semestern, obwohl mich die SchülerInnen von heute als ein solches kategorisieren würden. Mein Einstieg in die Bildungspolitik war die Auseinandersetzung mit ihr auf europäischer Ebene durch das European Schoolnet. Das ist jetzt 20 Jahre her. Es ist viel Wasser die Donau hinabgeflossen, seit meinen ersten zaghaften Versuchen, in der Schule ein Notebook zu verwenden. Heute leistet jedes schlechte Smartphone mehr als mein Laptop von damals und die Pädagogik sollte sich auch geändert haben.
Die Veränderungen passierten im Zeitraffer
Die technologischen Grundlagen in der Bildung haben sich grundlegend geändert. Früher galt es als Sensation, eine CD-ROM zu verwenden und auf Microsoft Encarta zu recherchieren. Damals entschieden sich noch viele meiner Generation für den klassischen Brockhaus in der Schulbibliothek. Die Computer waren langsamer als das einfachste Mobiltelefon heute und die Verbreitung von Lernplattformen stand noch nicht einmal in den Kinderschuhen.
Das primäre Speichermedium waren Disketten mit unglaublichen 1,44 Megabyte Kapazität und die Anbindung ans Internet funktionierte noch über diese rauschenden Modems, die eher an ein Weltuntergangsszenario denn an etwas Revolutionäres erinnerten. Vermutlich fielen meiner Elterngeneration zum Vierteltelefon ähnliche Assoziationen ein, wie mir beim Arbeiten dieser Modems. Breitband, ADSL und ISDN waren noch nicht erfunden. Eine schnöde Telefonleitung musste herhalten.
Apropos Internet! Das Web 2.0, das alle von uns kennen und schätzen, war noch nicht verbreitet und man konnte sich glücklich schätzen, hat man in einem Text Hyperlinks vorgefunden. Es waren denkbar schwierige Voraussetzungen, die Digitalisierung in den Schulen voranzutreiben. In Österreich war das auch die Zeit, in der Netzwerke an Schulen zum Zwecke des Erfahrungsaustausches gegründet wurden. Elc, eLSA oder ENIS prägten eine lange Zeit die Bildungslandschaft.
Und jetzt?
Wir schreiben das Jahr 2017. Das primäre Speichermedium ist nicht einmal mehr der USB-Stick, sondern die Cloud. Die Kommunikation findet mittlerweile zeitverschoben auf mehreren Ebenen statt und das Internet fungiert als das kollektive Gedächtnis, das individuelle Wissenslücken mit einem kurzen Blick auf den Bildschirm in unserer Hosentasche oder auf unseren Schreibtisch schließt.
Für die Unterrichtspraxis ist eine für uns selbstverständliche Änderung revolutionär. Der Speicherprozess hat sich grundlegend vereinfacht. In der Regel muss man den SchülerInnen nicht mehr erklären, wohin eine Arbeit gespeichert werden muss. Es genügt zu sagen: „Bitte abspeichern.“ Intelligente Suchsysteme finden die gespeicherte Datei binnen Bruchteilen von Sekunden. Heute haben wir andere Prioritäten.
Es geht um die Pädagogik
Heute geht es darum, die Pädagogik und die Didaktik anzupassen. Das Ziel muss sein, in die Breite zu kommen. Egal, ob es das Prinzip des „Flipped Classroom“ ist, oder die Aufteilung der pädagogischen Interaktion in verschiedene Zonen betrifft. Die Eliminierung lehrerzentrierter Ansätze zugunsten des projektorientierten und schülerzentrierten Arbeitens stehen heute im Vordergrund. Wenn alle neidvoll auf die PISA-Erfolge skandinavischer Länder blicken, wird beim zweiten Blick etwas deutlich: Dort steht die schülerzentrierte Interaktion der Pädagogik im Vordergrund. Wenn dieser Vorgang mit elektronischen Hilfsmitteln unterstützt wird, umso besser. Aber die Pädagogik dahinter unterscheidet sich von unserer. Dadurch wird die Nutzung moderner Technologien im Unterricht verstärkt. In Österreich haben wir das Pferd oft verkehrt aufgezäumt …