Gestern war ich bei einer sehr interessanten Keynote des Oxford-Professors Viktor Mayer-Schönberger im Wiener Rathaus. Das Thema war die effektive Verwertung von Daten und wie damit unser Leben erheblich verbessert werden kann. Ob die Umsetzung einer Technologie, einer Maßnahme oder einer Idee Erfolg versprechend ist, hängt zum Großteil von den zugrunde liegenden Daten ab. Das Beispiel, das hierfür verwendet wurde, öffnete mir die Augen …
Die entsprechende Datenverwertung
Dass Daten das Gold des 21. Jahrhunderts sind, dürfte vielen längst klar sein. Die zielgerichtete Datenverarbeitung ist das Geschäft der Gegenwart. Alle Daten, die von uns KonsumentInnen freigegeben werden, zeichnen ein Bild der gesellschaftlichen Struktur und unserer Gewohnheiten. Logistische Abläufe können mit dem Wissen um unser Verhalten optimiert werden.
Wenn ein System erkennt, welche Risikofaktoren sich für unsere Gesundheit aus unserem Lebenswandel ableiten, kann korrektiv eingegriffen werden. Die Ärztinnen und Ärzte könnten die Dosierung von Medikamenten genauer vornehmen und nicht nur auf Standarddosierungen auf Basis von Durchschnittswerten vertrauen. Mit Daten, so die Theorie, wird die Effektivität gesteigert. Wissen ist Macht.
Der Straßenverkehr als anschauliches Beispiel
Dieses Beispiel hat mich zum Nachdenken gebracht. Das autonome Fahren von Autos ohne das Eingreifen der FahrerInnen war bis vor kurzer Zeit noch Zukunftsmusik aus Sciencefiction-Romanen. Es gab immer wieder zaghafte Versuche verschiedener Autohersteller, die jedoch nie ein vertrauenswürdiges System auf die Beine stellen konnten. Doch die Fortschritte, die der Internet-Gigant Google auf diesem Sektor verzeichnete, sind enorm. Bei Testfahrten im Jahr 2015 konnten folgende Fehlerquoten ermittelt werden.
Während beim autonomen Fahren traditioneller Autobauer alle 400 km ein menschliches Eingreifen notwendig war, erreichte Google bei seinen Testfahrten, dass der Mensch alle 2.000 Kilometer intervenieren musste. Daraufhin verbauten gerade die deutschen Hersteller noch mehr Sensoren und konnten bis zum Ende des Jahres 2016 ihre Fehlerquote um 30 Prozent verbessern. Klingt gut, oder? Im gleichen Zeitraum erreichte Google, dass ein menschliches Eingreifen erst alle 8.000 Kilometer erforderlich war. Der Grund sind die dahinter liegenden Daten.
Die Datenverarbeitung muss gelernt sein
In einer Sekunde verarbeitet das selbstfahrende Auto von Google etwa 1 Milliarde an Datenbits, die zu einem fundierten Bild des Verkehrsflusses zusammengefügt werden. Google hat bereits früh verstanden, dass die Auswertung von Datensätzen einen zielgerichteteren Bedarf decken kann. So ist beispielsweise die Spracherkennung bei Android-Smartphones (Googles mobiles Betriebssystem, Anm.) deutlich besser als jene der MitbewerberInnen. Das autonome Fahren bedingt die entsprechende Verwertung von Daten. Egal, ob diese gerade neu gesammelt oder abgerufen werden.
Meine Skepsis bleibt bestehen
Mir leuchtet ein, dass die Sammlung von Daten gerade auf diesem Sektor notwendig und zielgerichtet ist. Doch stelle ich mir die Frage, wo die Grenze zur Verwertung persönlicher Daten gezogen wird. Oder vielleicht verschwindet diese zunehmend. Persönlich versuche ich Services von Google zu meiden oder - wie bei meiner Email - stark reglementiert einzusetzen, indem ich blockierende Anwendungen dazwischen schalte.
Ich verwende auch kein Android-Smartphone. Doch vielleicht ist es notwendig, dass individuelle Bewegungsprofile im Hintergrund erstellt werden, um das Miteinander zu verbessern. Es stellt sich nur die Frage, wo diese Daten gesammelt und zusammengeführt werden und, ob ich als Bürger darauf vertrauen darf, dass meine Privatsphäre nach wie vor geschützt ist. Der Balanceakt zwischen dem notwendigen Sammeln von Daten und dem Schutz der Privatsphäre ist die Herausforderung des 21. Jahrhunderts …