Würden Sie das wollen?

Marsch von Soldaten
Quelle https://pixabay.com/de/militärs-abreise-service-569899/ 14.08.2017

Wollen Sie, dass Ihr Sohn noch beim Bundesheer seinen Präsenzdienst leistet? Der Tod eines Rekruten in Horn war das dominierende Thema der letzten Woche. Ebenso lange beschäftigt mich dieser tragische Fall. Ich erinnere mich daran, warum ich 2013 für die Abschaffung der Wehrpflicht votiert habe. Die Reformen, die damals angekündigt wurden, gerieten aus dem Fokus der öffentlichen Diskussion. Systemisch kann einiges hinterfragt werden.

Disziplin vs. Sadismus

Jede hierarchische Organisationsstruktur verlangt von ihren Mitgliedern ein bestimmtes Maß an Disziplin. Das Bundesheer ist da keine Ausnahme. Hier spielt die Disziplin sogar eine größere Rolle, zumal klare Kommandostrukturen Prozessabläufe optimieren. Im Katastrophen- oder Kriegsfall ist das entscheidend. In unseren Breiten liegt der Schwerpunkt vor allem auf dem Katastrophenschutz. Um schnelle Hilfe leisten zu können, soll die Widerstandsfähigkeit der Rekruten getestet und verbessert werden.

Vermutlich steht das so oder so ähnlich in den Ausbildungsrichtlinien des Bundesheers. Aber Sadismus gehört nicht dazu. Menschen zu erniedrigen oder zu schikanieren, trägt sicher nicht dazu bei, die individuelle Bindung zur Institution Bundesheer zu intensivieren. Aus pädagogischer Sicht wird Disziplin bestimmt nicht mit sadistischen Maßnahmen vermittelt, sondern mit klaren Spielregeln und fairen Grenzen. Alle Eltern wissen, was gemeint ist.

Wehrpflicht zeitgemäß?

Soldat
Quelle https://static.pexels.com/photos/190577/pexels-photo-190577.jpeg 14.08.2017

Diese Frage wurde uns im Rahmen einer verbindlichen Volksbefragung im Jahr 2013 gestellt. Vermutlich wurde deswegen für die Beibehaltung gestimmt, weil die Hilfsorganisationen bei einer zeitgleichen Abschaffung des Zivildienstes die Versorgungssicherheit massiv hinterfragten. Diese berechtigte Sorge war in den Köpfen der ÖsterreicherInnen ein wesentlicher Faktor der Entscheidung.

Doch volkswirtschaftlich stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit. Je nachdem werden junge Männer für sechs bis neun Monate (Bundesheer oder Zivildienst, Anm.) daran gehindert, ihrer Ausbildung nachzukommen oder im Rahmen einer bezahlten Arbeit zum volkswirtschaftlichen Output unserer Gesellschaft beizutragen. In sechs Monaten wird sicher auch nicht jene Expertise vermittelt, die im Rahmen einer spezialisierten Ausbildung beim Bundesheer vermittelt werden kann.

Mit anderen Worten: Mitglieder des Berufsheers sind vermutlich besser und professioneller ausgebildet, als Grundwehrdiener. Wenn es um die Anzahl zur Verfügung stehender und kostengünstiger Manpower geht, ist die Wehrpflicht die attraktivere Option. Aber dann sollte auch eindeutig formuliert werden, wozu die jungen Männer tatsächlich gebraucht werden. Zur Verrichtung einfacher Dienste, die sie keinesfalls hinterfragen dürfen. Und ob das zeitgemäß ist, steht auf einem anderen Blatt Papier.

Respekt wird nicht durch Angst gelehrt

Im Zuge der Wehrpflicht ist die Rolle des Bundesheers auch die einer Bildungseinrichtung. Um Dienst am Menschen zu verrichten, sollte dieser auch wertgeschätzt und respektiert werden. Ich selbst habe mich damals für den Zivildienst entschieden und kann rückblickend sagen, dass es für mich eine sinnvoll verbrachte Zeit war. Ich konnte täglich Menschen helfen, sah soziale Härtefälle und menschliche Tragödien. Das Wissen, am Ende des Tages ein paar Menschen zumindest kurzzeitig geholfen zu haben, war für mich wertvoll. Spätestens hier wird einem in Erinnerung gerufen, jedem Menschen mit jener Wertschätzung zu begegnen, die man auch selbst erfahren möchte.

Hände
Quelle: https://pixabay.com/de/hand-halten-pflege-hilfe-1549135/ 14.08.2017

Ich kann wahrlich nicht aus eigener Erfahrung beurteilen, wie es beim Bundesheer zugeht und, ob Respekt und gegenseitige Achtung als menschliches Grundverständnis vermittelt oder nur durch Angst verbreitet wird. Die Tage nach dem tragischen Tod eines Rekruten in Horn waren geprägt von Erzählungen ehemaliger Grundwehrdiener, die in den sozialen Netzwerken Geschichten von sadistischen Schikanen berichteten. Es könnte sich also durchaus um ein systemisches Problem handeln. Wenn dem so wäre, müsste die Ausbildung wesentlich strenger reglementiert werden, damit Eltern wieder ruhig schlafen können, wenn ihre Söhne ihren Präsenzdienst leisten …

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