Die Verurteilung von Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden im Zuge des Swap-Prozesses lässt mich über die politische Verantwortung der jeweiligen Ämter nachdenken. Sollte ein/e PolitikerIn an anderen Maßstäben gemessen werden als wir? Vermutlich. Und reichen die aktuellen Regeln aus, um die politische Verantwortung einzumahnen?
Mit zweierlei Maß
Natürlich werden PolitikerInnen vor dem Gesetz gleich behandelt - Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber die Verantwortung, die sie haben, wirkt schwerer. Wer an den Reglern der Macht sitzt und diese missbraucht, macht sich nicht nur rechtlich strafbar, sondern auch moralisch. Denn es macht einen gehörigen Unterschied, ob jemand das System kennt, vielleicht sogar ein Teil dessen ist, oder, ob jemand wie Sie und ich mit derartigen Verurteilungen konfrontiert sind. Demnach könnte ich sogar argumentieren, dass die politische Verantwortung aufgrund der Vorbildwirkung früher wahrzunehmen wäre.
Meinem demokratischen Verständnis nach sollte ein/e PolitikerIn spätestens bei einer Verurteilung alle Ämter verlieren und nicht erst ab einer unbedingten Haftstrafe von sechs Monaten. Bei einer unbedingten Haftstrafe von fünf Monaten könnte er/sie im Amt bleiben und die vollen Bezüge erhalten. Wenn „normale“ BürgerInnen zu einer Haftstrafe verurteilt werden, verlieren sie augenblicklich den Arbeitsplatz, ihre Bezüge und in vielen Fällen auch ihr Sozialleben.
Der Untersuchungsausschuss
Nachdem es nicht die Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist, die Konsequenzen, die aus der politischen Verantwortung resultieren, festzulegen, wurde in unserer Demokratie der Untersuchungsausschuss installiert. Dieser soll die politische Verantwortung klären und etwaige systemische Versagen korrigieren. Meinem Verständnis nach müssen sich PolitikerInnen daher strafrechtlichen Ermittlungen aussetzen und in einem zweiten Schritt mit politischen Konsequenzen rechnen. Die Rolle des Untersuchungsausschusses ist dabei zentral.
Doch es entsteht der Eindruck, dass seine Bedeutung von manchen PolitikerInnen schlicht nicht ernst genommen wird. Entweder wird bei der Befragung geschwiegen oder man kann sich nicht mehr
erinnern. Egal, ob ein derartiger Ausschuss wie eine politische Inszenierung wirkt, seine Bedeutung sollte für PolitikerInnen zentral sein. Das wäre jene Institution, vor der sich politische
VertreterInnen zusätzlich zur Staatsanwaltschaft qua ihrer Ämter verantworten müssen. Natürlich sollten auch direkt politische Konsequenzen ausgesprochen werden können.
Eine Frage des Anstands
Viele BürgerInnen sind nicht grundlos vom politischen System desillusioniert. Der Eindruck, dass vielen PolitikerInnen das Hemd näher als der Rock ist, wird durch Vorwürfe der Korruption, Verdachtsmomente des Machtmissbrauchs und durch das Abwarten auf rechtskräftige Verurteilungen mit Haftstrafen gestärkt. Der Fall, dass ein/e PolitikerIn die Haltung besitzt und sagt, er/sie scheide aus dem Amt aus, weil das vermittelte Bild eines politischen Amtes nicht würdig ist, beobachten wir selten. In den Augen vieler BürgerInnen sollte es keines Untersuchungsausschuss bedürfen, um die politische Verantwortung einzufordern. Es ist der fehlende Anstand politischer VertreterInnen in der Vergangenheit, der unsere negative Erwartungshaltung in das System bedingt …