Geschichtliche Widersprüche der SPÖ

Wrong-Right
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Eines gleich vorweg. Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und spiegelt lediglich persönliche Überlegungen drei Monate vor der Nationalratswahl wider. Ich nähere mich allen relevanten Parteien auf eine ähnliche Art an. Zunächst in einem Überblicksartikel und danach werden exemplarisch ein paar Ungereimtheiten aufgezeigt. Den LeserInnen soll am Ende das Resümee selbst überlassen sein.

Der Umgang mit der österreichischen Vergangenheit

Während der ersten Regierung der Ära Bruno Kreiskys (1970-1983, Anm.) von 1970 bis 1971 regierte die SPÖ in einer Minderheitsregierung unter der Duldung der FPÖ. Pikant war, dass zu diesem Zeitpunkt sechs Minister mit einer nationalsozialistischen Vergangenheit Ämter bekleideten: Erwin Frühbauer (Verkehrsminister), Josef Moser (Bautenminister), Otto Rösch (Innenminister) und Günther Haiden, Oskar Weihs und Johann Öllinger (alle drei Landwirtschaftsminister). Geschichtlich besonders interessant ist die Figur Johann Öllinger.

Dieser trat im Mai 1938 der NSDAP bei und war ehemaliger SS-Untersturmführer. Karriere machte er nach dem Krieg im Bund Sozialdemokratischer Akademiker und in der Regionalpolitik Kärntens, bevor ihn Kreisky ins Ministerkabinett holte. Man kann also von einem systemischen Negieren der Vergangenheit sprechen. Immerhin hätte es von 1945 bis 1970 genügend Möglichkeiten gegeben, eine aktive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zu forcieren.

Doch das Gegenteil ist passiert. In Österreich schien die Vergangenheitsbewältigung gar nicht, oder nur schleppend voranzugehen. Derartige Aktionen haben dabei nicht geholfen. Auch die Rolle des Bundes Sozialdemokratischer Akademiker kann an dieser Stelle hinterfragt werden. Herrschaften mit NS-Vergangenheit wurden jahrelang toleriert und es wurde zur Normalität in diesem Land, eine vorbelastete Vergangenheit zu haben. Jede Partei hat ihre Leichen im Keller und Jahre später fand eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit statt. Aber in ihren Grundfesten war das ein veritabler Bruch mit sozialdemokratischen Werten.

Als sich Demokratie und Staat trennten

Au-Landschaft
Quelle: https://pixabay.com/de/wald-isle-au-haut-maine-insel-449659/ 20.07.2017

1978 zog die SPÖ unter Bruno Kreisky in buchstäblich letzter Sekunde die Reißleine und ließ über die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks in Zwentendorf abstimmen, nachdem sich zuvor eine breite BürgerInnen-Bewegung gegen die Nutzung der Kernkraft aussprach. Wenn ich darüber nachdenke, dass Zwentendorf baugleich mit den AKWs in Fukushima ist, wird mir anders. Jedenfalls fand 1984, mittlerweile war Fred Sinowatz Bundeskanzler, der stärkste Ausdruck zivilen Ungehorsams in der zweiten Republik in der Hainburger Au statt.

Obwohl der WWF-Österreich und Konrad Lorenz als Unterstützer eines Volksbegehrens gewonnen werden konnten, war der Widerstand gegen den Bau eines Kraftwerks in der Hainburger Au zunächst noch überschaubar. Als die Österreichische Hochschülerschaft am 8. Dezember 1984 einen Protestmarsch mit 8.000 Menschen in die Stopfenreuther Au bei Hainburg organisierte und mehrere hundert Personen blieben, wurden die Arbeiten zur Rodung des Gebietes eingestellt. Fred Sinowatz ging damals von einem „Protestlüftchen“ aus, zumal er die Dynamik der Bewegung nicht verstand. Als er am 15. Dezember in der Fernsehshow „Wetten, dass … ?“ als Wettpate auftrat, verschafften sich die BesetzerInnen wertvolle Fernsehzeit in dieser Show.

Vier Tage später hatte Sinowatz den nächsten dunklen Fleck in der Geschichte der SPÖ zu verantworten, als er 800 Exekutivbeamte (vorwiegend von der Wiener Polizei) in die Au schickte, um die Besetzung gewaltsam aufzulösen. Die Besetzung der Au wurde aber erst Anfang Jänner beendet, als der Verwaltungsgerichtshof die Rodungsarbeiten einstellen ließ. Erst als im März das Vorhaben vom VwGH für nichtig erklärt wurde, war das Thema beendet und Sinowatz erlitt eine herbe Niederlage. Wieder hatte die SPÖ die Zeichen der Zeit nicht erkannt und es verabsäumt, den BesetzerInnen ein politisches Angebot zu machen. Das war die Geburtsstunde der Grünen.

Die Widersprüche setzen sich fort

Obwohl weit mehr Widersprüche in den Reihen der SPÖ zu finden sind, habe ich mich dazu entschlossen, exemplarisch nur zwei aus der Geschichte zu unterstreichen. An ihnen lassen sich auch aktuelle Dilemmata erklären. Man versucht, sich aus der strategischen Umklammerung der Vranitzky-Doktrin zu befreien und liebäugelt mit der FPÖ. Fremdenfeindliche und völkerrechtlich bedenkliche Aussagen werden ebenso salonfähig gemacht, wie unter Kreisky das Negieren der Vergangenheit. Und ob aktuelle, gesellschaftliche Bewegungen fernab der populistischen Taktik erkannt werden, kann noch nicht beantwortet werden. Als klassische MitgliederInnen-Partei hat es die SPÖ bisher verabsäumt, mit der Zeit zu gehen.

to be continued
https://pixabay.com/de/vorhang-kino-theater-bühne-schrift-812229/ 20.07.2017

Klassische ArbeiterInnen-Interessen gibt es in dieser Form nicht mehr. Heute sind es die Angestellten und all jene, die in der „Generation Praktikum“ hoffnungslos unterbezahlt sind, denen eigentlich eine politische Heimat gegeben werden müsste. Wird dieser Zug verpasst, verliert die SPÖ weiter an Boden. Dann wären da noch die aktuellen Spannungen der verschiedenen Flügel der Partei. Im April 2016 stimmten 4 Mandatare der SPÖ (Kucharowitz, Yilmaz, Holzinger und Königsberger) gegen die Novellierung des Asylgesetzes. Eine eindeutige Richtungsentscheidung steht also noch aus …

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