Österreichs Studierende brauchen länger

Studierende bei der Abschlussfeiern
Quelle: https://static.pexels.com/photos/267885/pexels-photo-267885.jpeg 17.07.2017

Mein Studium ist schon einige Jahre her, doch die Herausforderungen dürften sich seither nicht geändert haben. Eher verschlechtert. Nur 24 Prozent der Bachelor-Studierenden in Österreich schließen in der Mindeststudienzeit ab. In der OECD sind wir damit das Schlusslicht, wie aus dem jährlichen Bericht der OECD „Education at a Glance“ hervorgeht. Wer jetzt glaubt, mit einer Studienplatz-Finanzierung wäre das Problem gelöst, denkt zu kurz.

Die Zahlen bringen mich zum Nachdenken

Im achten Semester des Bachelor-Studiums hat in unserem Land nicht einmal jede/r dritte Studierende abgeschlossen. Nach 14 Semestern belegen 34 Prozent der Studierenden ein anderes Fach als zu Beginn ihrer Studienzeit, 28 Prozent beenden ihr ursprüngliches Studium und 27 Prozent brechen ab. Dass Frauen generell um vier bis acht Prozentpunkte öfter als Männer abschließen wird durch die geringere Zahl weiblicher Absolventinnen in den MINT-Fächern (Mathematik, IT, Naturwissenschaft und Technologie) relativiert.

Berufsbegleitung auch keine Lösung

Die Zufriedenheit der Studierenden mit ihrem Fach ist ebenfalls relativ niedrig, was auf offenbar falsche Erwartungen zurückzuführen ist. Zwar ist die Zufriedenheit an Fachhochschulen etwas höher, dafür aber an den pädagogischen Hochschulen am niedrigsten. Durch die neu strukturierte Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen könnte sich das allerdings ändern.

Konferenzraum
Quelle: https://static.pexels.com/photos/507020/pexels-photo-507020.jpeg 17.07.2017

Interessant ist aus meiner Sicht, dass die Fachhochschulen berufsbegleitende Studien anbieten. Die Lehrveranstaltungen sind eher am Abend oder am Wochenende und dieses Angebot wird durchaus genützt. Doch ist die Abbruchquote mit 35 Prozent in den berufsbegleitenden Schienen höher als an den Universitäten. Das berufsbegleitende Angebot scheint damit auch keine wirksame Lösung zu sein.

Trugschluss Studienplatz-Finanzierung

Aus ÖVP-nahen Kreisen hört man oft von der Studienplatz-Finanzierung als mögliche Lösung. Verkürzt bedeutet das nichts anderes als Studiengebühren für jene, die studieren. Ich musste noch derartige Gebühren zahlen und war ob des - sagen wir - durchwachsenen Angebots an der Universität enttäuscht. Die Gründe, warum ein derartiges Modell auch heute nicht sozial gerecht ist, sind nahezu gleich.

Häufig ist das Platzangebot bei Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht begrenzt, was eine Teilnahme im vorgesehenen Semester nicht ermöglicht. Schnell verlieren die Studierenden ein Semester, weil diese Lehrveranstaltung nicht oft genug angeboten wird, damit alle einen Platz finden (Ich selbst habe das damals zwei Semester hintereinander erlebt).

Um die Zeit zu nützen, arbeiten viele Studierende dann mehr als vorher. Doch jede/r von uns kennt das: Nach einem harten Arbeitstag zu büffeln, ist weit weniger wirksam als im Rahmen des Studiums. Oft werden die Noten trotz gesetzlicher Bestimmungen auch nicht innerhalb eines Monats bekanntgegeben. Und nachdem die Anmeldesysteme in den meisten Fällen elektronisch vollautomatisiert funktionieren, kann auch hier ein Semester verloren gehen, wenn sich die Noteneintragung in das System mit der Anmeldefrist für das nächste Semester überschneidet.

Ehrliche Diskussion gefordert

Diskussion
Quelle: https://static.pexels.com/photos/288477/pexels-photo-288477.jpeg 17.07.2017

Es gibt viele Gründe, warum sich die Studienzeit verlängert. Administrative Hürden, ein begrenztes Angebot an Lehrveranstaltungen, keine rechtzeitige Bekanntgabe von Noten, private Schicksalsschläge oder - und dafür gibt es die Toleranzsemester - Fehler bei der Einteilung. Eine Studienplatz-Finanzierung entspräche einer Abwälzung der Verantwortung für alle Fehlerquellen auf die Studierenden. Außerdem müsste gewährleistet sein, dass bei der Studienplatz-Finanzierung ein ausreichendes Angebot an Lehrveranstaltungen vorhanden wäre und sich daraus für die Studierenden ein Recht auf einen Platz in ebendiesen Veranstaltungen ergäbe. Solange diese Faktoren nicht gewährleistet sind, wäre eine derartige Maßnahme wenig zweckdienlich …

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