Als Kinder haben wir oft Träume und Vorstellungen davon, wie einmal unser Leben sein wird. Beispielsweise wollte ich als Kind stets ein Astronaut werden. Dass sich Kinderträume oft nicht verwirklichen, hat seine guten Gründe und ich vertraue darauf, dass mir das Leben einiges bereithält. Durch einen Zufall bin ich in der Bildungspolitik gelandet und habe hier meine Leidenschaft gefunden.
Entwicklung einer Leidenschaft
Meine erste Seminararbeit an der Universität handelte von den Bildungszielen im Rahmen der Lissabon-Strategie der Europäischen Kommission. Diese Strategie definierte, dass Europa im Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten, wissensbasierten Raum der Welt werden sollte. Bekannt wurden alle Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels als der Lissabon-Prozess.
Während des Studiums der Politikwissenschaft kommt man zwangsläufig mit einer Vielzahl an Materien in Berührung. Aus irgendeinem Grund interessierte ich mich sehr früh für die Bildungspolitik. Schon damals fand ich, dass sich in der Bildung die gelebte Nachhaltigkeit einer Gesellschaft widerspiegelt. Spannend war das Konfliktfeld, dass die EU zwar Bildungsziele definierte, die Bildungspolitik aber in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten fiel.
Immer wieder nahm ich an Seminaren Teil, in denen zufällig die Bildungspolitik zum Thema gemacht wurde. Von mehreren Seiten beleuchtete ich verschiedene Initiativen aus politischer Sicht. Die pädagogischen Konzepte dahinter würden mich erst später interessieren. Mich faszinierte vor allem der Prozess der Entscheidungsfindung aus europäischer Sicht. Denn wie ich vorher schon sagte: Eigentlich ist diese Materie strikt in den Händen der Mitgliedsstaaten verortet.
Eine Leidenschaft nimmt Form an
Gegen Ende des Studiums stellen sich alle Studierenden dieselbe Frage: Worüber verfasse ich meine Diplomarbeit/Master’s Thesis? Ich konnte das relativ schnell beantworten und wollte über die europäische Bildungspolitik im Lichte einer Organisation wie dem European Schoolnet schreiben. Aus politikwissenschaftlicher Sicht war besonders die Parallelstruktur einer Vorfeldorganisation der Europäischen Kommission im Verhältnis zu staatlichen Entscheidungsmechanismen interessant. Ich beleuchtete, unter welchen Voraussetzungen eine gemeinsam koordinierte, europäische Bildungspolitik funktionieren könnte.
Zum damaligen Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wie ich dieses Wissen einmal verwenden kann, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. In meiner Mein-Studium-ist-gleich-zu-Ende-und-was-dann-Krise stolperte ich über die Commencement Speech von Steve Jobs in Stanford 2005 und vertraute fortan darauf, dass sich alles positiv entwickeln würde. Jene Abteilung des damaligen Unterrichtsministeriums, in der ich vorwiegend recherchierte und Akten durchsah, verpflichtete mich gleich für ein paar europäische Bildungsprojekte. Das war mein Sprung ins Berufsleben.
Der Beginn der Reise
Die nächsten Jahre sollte ich damit verbringen, durch Europa zu reisen, verschiedene Bildungsprojekte abzuwickeln, mich mit internationalen ExpertInnen auszutauschen und auf Konferenzen als Keynote-Speaker aufzutreten. Als mich meine Frau im Jahr 2015 dazu motiviert hat, einen Blog zu starten, um meine internationalen Erfahrungen im Bildungsbereich zu teilen, wurde innovationsschule.at geboren. Heute besuche ich viele Schulen in Österreich und beobachte, wie die Konzepte, die wir damals mitentwickelten, im Alltag greifen.
Die interdisziplinäre Herangehensweise habe ich bis heute in meinen Analysen beibehalten. Zwar steht die pädagogische Interaktion zwischen den LehrerInnen und den Schülerinnen im Vordergrund, doch müssen auch die wirtschaftlichen Interessen der involvierten Betriebe und jene der Familien unter einen Hut gebracht werden. Mit dem Wissen, wie komplex die Entscheidungsstrukturen in der Politik sind, ergibt sich ein relativ vollständiges Bild.
Noch viel zu tun
Doch viel interessanter ist, was noch alles zu erreichen wäre und in der Bildungspolitik ist das nicht gerade wenig. Meine Vision wäre, den traditionellen Klassenraum aufzulösen und nach Möglichkeit themenorientiert zu unterrichten. Die Einteilung des Schullebens in Unterrichtsfächer ist etwas antiquiert. Außerdem verstärkt diese Einteilung wunderbar bestehende Glaubenssätze - vor allem negativer Art. Dann hören wir Sätze wie „in Biologie bin ich generell schlecht“ oder „Physik ist nicht das Meine“. Beim themenorientierten Unterricht wären derartige Aussagen obsolet.
Politik ist das Geschäft der kleinen Schritte und die Bildungspolitik ist der beste Beweis dafür. Politisch werden Minimalkompromisse vereinbart und im Anschluss als großer Wurf verkauft. Doch realiter hat sich nicht viel bewegt. Ich wurde Zeuge der Digitalisierung des Unterrichts und habe beobachtet, wie Notebooks und Tablets in der Schule Einzug gehalten haben. Technisch werden die bestehenden Möglichkeiten zur Verbesserung des Unterrichts schon vielerorts genutzt. Jetzt geht es um die Pädagogik. Vielleicht können wir die pädagogische Interaktion neu denken. Und wenn die Neustrukturierung des Unterrichts Kultur würde - d.h. die Interaktion im Klassenraum wird regelmäßig hinterfragt - komme ich meinem persönlichen Ziel deutlich näher.