Egal ob wir über SportlerInnen, ManagerInnen, Google, Apple oder die Eurofighter sprechen. In der Berichterstattung werden stets unglaubliche Summen jongliert. Da geht es schnell um Millionen- oder Milliardenbeträge. Gleichzeitig streiten wir in Österreich seit jeher um den Mindestlohn und darüber, wie eine derartige Maßnahme finanziert werden soll. Und was können wir NormalbürgerInnen tun?
Uns geht es gut - eigentlich
Ich fühle mich privilegiert und rufe mir das immer wieder in Erinnerung. Jede/r von uns will mehr, aber wirklich notwendig ist das nicht. Ich liebe, was ich tue und habe eine tolle Familie. Wenn ich von Hungersnöten und extremer Armut im Fernsehen höre, überkommt mich stets ein Gefühl von tiefer Dankbarkeit, weil ich in Mitteleuropa aufwachsen durfte.
Doch wer zweimal nachdenkt, weiß auch, dass aus unserer Lage eine Verantwortung jenen gegenüber entsteht, die ganz andere Voraussetzungen vorfinden. Wir fürchten nicht um unser Leben (wie aktuell die Menschen in Kenya), werden nicht bedroht und sind - global gesehen - sozial abgesichert. Eigentlich könnten wir solidarisch agieren. Eigentlich!
Wenn zu viel bezahlt wird
Bei Fussballspielern geistern manchmal Beträge um 100 Millionen Euro zur Ablöse im Raum. ManagerInnen verdienen oft um einige Millionen mehr als die einfachen MitarbeiterInnen desselben Unternehmens. Ich bin kein Kommunist und finde, wer eine größere Verantwortung trägt und mehr zu tun hat, muss auch mehr verdienen - logisch. Aber kann mir jemand erklären, wieso ein Fussballer um zig Millionen wertvoller sein soll, als sein vermutlich sehr guter Kollege?
Wenn der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG eine zweistellige Millionen-Abfindung erhält, aber gleichzeitig einen Abgasskandal und den Abbau von mehreren Tausend MitarbeiterInnen zu verantworten hat, ist das für mich nicht nachvollziehbar. Oder wieso kann man zur Rettung der ehemaligen Hypo Alpe Adria über 20 Milliarden Euro locker machen, flucht aber über einen Finanzierungsbedarf von 300 Millionen Euro, den die Abschaffung des Pflegeregresses hinterlassen wird. Nicht auszudenken, was mit diesen Summen in der Bildung hätte bewegt werden können.
Eine Frage der Prioritäten
Ich empfinde keinen Neid, wenn jemand mehr Geld zur Verfügung hat als ich. Mein Lebenskonzept ist nicht darauf ausgerichtet, möglichst viel materiell anhäufen zu können. Ich bezweifle sogar, dass materieller Reichtum glücklich macht. Vielleicht entsteht eine größere Genugtuung im Bewusstsein, Anderen zu helfen, die in wahrlich schwierigen Verhältnissen leben müssen. Vermutlich brauchen wir nicht das dickste Auto und das neueste Smartphone, aber können hier und da anderen Menschen unter die Arme greifen.
Wir sind darauf aus, unseren eigenen Status zu zementieren und verlieren zeitgleich das Gefühl für soziale Schieflagen. Wir leben (noch) in einem Sozialstaat, dessen primäre Aufgabe es ist, den sozialen Frieden durch eine halbwegs faire Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern. Die Bildung unserer Kinder, die Pflege unserer kranken MitbürgerInnen und ein Sozialsystem, das niemanden zurücklässt wären Aufgaben eines Sozialstaates.
Es beginnt mit der Haltung
Ich habe oft das Gefühl, als würde der Sozialstaat als eine Art der Gegenleistung verstanden werden. Doch Sozialstaat bedeutet eben auch, dass die schwachen MitgliederInnen einer Gesellschaft aufgefangen werden. Natürlich gibt es Missbrauch und dieser muss bekämpft werden. Aber mit Missbrauch kann nicht die Existenz des Sozialsystems in Frage gestellt werden. Ähnlich funktioniert das für mich im Kleinen. Wenn ich die Möglichkeit habe, zu helfen - sei es zum Beispiel durch eine Spende - sehe ich es als meine Pflicht, meinen kleinen Beitrag zu leisten.
Denn ich kann - wie vermutlich die meisten meiner LeserInnen - helfen. Doch zunächst leisten wir unseren Beitrag, indem wir unseren Teil an Steuern an den Sozialstaat abführen. Wenn große Unternehmen wie Starbucks, Google, Apple und Co. Steuerschlupflöcher suchen, um anschließend generöse Spenden zu leisten, die fast philanthropisch wirken, entfliehen sie ihrer Verantwortung. In einer verantwortungsvollen Gesellschaft übernehmen wir alle unseren Teil. Jede/r nach seinen/ihren Möglichkeiten. Oder wie sagte John F. Kennedy einst? „Frage nicht, was dein Land für dich, sondern was du für dein Land tun kannst.“