Er ging oder wurde mit einem Knalleffekt gegangen. Doch die parteiinterne Abwahl eines Politikers ist nicht das Unikum in Österreichs Opposition. Es droht das Fragmentieren der Linken während die rechten PopulistInnen geschlossen bleiben und vielleicht nur ein wenig an die „neue“ ÖVP verlieren könnten. Das Problem dürfte in der Vielfalt der BürgerInnen liegen, die traditionell am linken politischen Spektrum angesiedelt sind. Und jetzt droht mit einer möglichen Liste Pilz der nächste Schlag.
Die Chronologie einer Abwahl
Peter Pilz wollte vom Bundeskongress der Grünen mit einem starken Mandat bestellt werden, um - wie er sagt - aus einer starken Position heraus, den Kampf gegen Airbus und Eurofighter im Sinne der Republik führen zu können. Als zweitstärkster Mann hinter Werner Kogler sollte Peter Pilz auf den vierten Platz gewählt werden. Dieser Wunsch wurde ihm nicht erfüllt. Stattdessen entschied sich der Bundeskongress für den jungen Julian Schmid. An dieser Stelle darf die parteiinterne Demokratie der Grünen gelobt werden, die in anderen Parteien vermisst wird.
Gleichzeitig ist das fehlende taktische Verständnis offensichtlich. In den Augen vieler hat Pilz mit seinen Aussagen im Zusammenhang mit den türkischen MitbürgerInnen und ihren Doppelstaatsbürgerschaften viele Sympathisanten vor den Kopf gestoßen. Allerdings sind seine Verdienste als Aufdecker unumstritten und ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu anderen Parteien. Dieses Asset vor die Türe zu setzen, ist zwar menschlich nachvollziehbar, aber taktisch unklug.
Nicht nur die Zersplitterung der Grünen
Nun droht nicht nur die Zersplitterung der Grünen, es droht die Zersplitterung der gesamten linken Opposition. Auf der Suche nach passenden Identitätsangeboten suchen liberale und sozial orientierte BürgerInnen Parteien, von denen sie sich repräsentiert fühlen. Am linken Spektrum der politischen Landschaft scheint es kein Angebot zu geben, das möglichst viele Menschen umfasst. So werden mehrmals angeblich breite BürgerInnen-Bewegungen ins Leben gerufen, die diese Nachfrage stillen sollen.
Beim Versuch, sich thematisch breiter aufzustellen und dabei möglicherweise auf ihre Ursprünge zu vergessen, agieren die Grünen mittlerweile wie eine etablierte Großpartei, die vieles von ihrer anfänglichen Unbequemlichkeit im politischen Diskurs verloren zu haben scheint. Als grüner Politiker der ersten Stunde appelliert Pilz wieder an diese Unbequemlichkeit und könnte dabei einige SympathisantInnen ansprechen, die bei dieser Partei einen Prozess der Entfremdung im Vergleich zu ihren Anfängen sehen.
Der Effekt wäre, dass eine mögliche Liste Pilz nicht nur den Grünen Stimmen wegnehmen könnte, auch die Neos dürften davon betroffen sein. Im schlimmsten Fall hätte Österreich drei in der Bedeutung verschwindend kleine Parteien - wenn sie alle den Einzug ins Parlament schaffen - die einer geeinten, rechten Opposition gegenüberstehen würden. Anstatt Interessen und Kräfte punktuell zu bündeln, wie das in Ansätzen bei der Bildungsreform zu sehen war, werden Partikularinteressen vertreten.
Die Futtertröge ändern sich nicht
Der deutsche Satiriker Albert Buntenbroich sagte einst: „Der Trog, aus dem die Schweine fressen, ist immer der gleiche. Es sind nur die Schweine, die wechseln.“ Als WählerInnen wurden wir schon öfter von PolitikerInnen, die angeblich ihrer moralischen Pflicht nachkommen, hinter das Licht geführt. Es wurde etwas Neues angekündigt, das unseren Erwartungen doch nicht entsprechen würde. Im Falle von Peter Pilz fällt die Einschätzung schwer, ob tatsächlich der hehre Vorsatz schwerer wiegt, als das egomane Motiv der Selbstdarstellung. Tritt er mit einer eigenen Liste an, droht er die linke Opposition zu sprengen und ob das in seinem Interesse ist, darf bezweifelt werden …