Wie innovativer Unterricht in der Praxis funktioniert, zeigten verschiedene Initiativen des BG/BRG Klosterneuburg schon mehrmals. Gestern war ich bei einem weiteren, tollen Projekt dabei. Im Rahmen des International Baccalaureate haben die SchülerInnen während einer Kooperation zwischen den Fächern Biologie, Physik und Informatik naturwissenschaftlichen Unterricht mit Elementen des Inquiry-Based-Learnings (IBL) im Rahmen einer Projektarbeit perfektioniert.
Der Aufbau
Grundsätzlich formulierten die SchülerInnen verschiedene Forschungsfragen zum Thema Milch im Rahmen des „Group 4 Projects - Dairy Products“. Die Erforschung der Dichte, des spezifischen Gewichtes, des Geschmacks und der Puffer-Kapazität (entspricht dem Zeitraum, bis die Milch unter der Zugabe von Säure ihren PH-Wert ändert, Anm.) waren einige der untersuchten Aspekte. Die Rohdaten der Forschungsergebnisse wurden im Anschluss an das Experiment verwertet und nach allen Regeln der statistischen Kunst dargestellt. Beispielsweise belegten der Mittelwert und die Standardabweichung die zuvor formulierten Thesen.
Im Plenum wurden die Ergebnisse der jeweiligen Gruppen den MitschülerInnen präsentiert. Die Idee war, dass danach eine Diskussion in Gang gebracht werden sollte, was aufgrund der Temperaturen und des fortgeschrittenen Zeitpunkts im Schuljahr nicht in der gewünschten Form funktionierte. Schließlich wurden alle Präsentationen und Projektergebnisse gesammelt und auf einer eigenen Homepage den SchülerInnen zur Verfügung gestellt. Leider können die Präsentationen aus urheberrechtlichen Gründen nicht an dieser Stelle gezeigt werden.
Der pädagogische Prozess
Im Gegensatz zu einer traditionellen Schulstunde lag die Erarbeitung eines Themas weitestgehend in den Händen der SchülerInnen. Diese inhaltliche Verantwortung ist weit effektiver und nachhaltiger als vermutet. Man darf davon ausgehen, dass die Erkenntnisse wesentlich länger „behalten“ werden, als in einem traditionellen Setting. Die Kompetenzen des 21. Jahrhunderts werden mit derartigen Unterrichtsformen wesentlich effektiver angesprochen. Die inhaltliche Erarbeitung eines Themas durch das forschende Lernen (IBL), die Kollaboration zwischen den SchülerInnen und die Fähigkeit der Kommunikation der Ergebnisse werden systemimmanent eingearbeitet.
Letztlich geht es im pädagogischen Prozess stets darum, eine Meinung faktenbasierend zu entwickeln, hinter dieser zu stehen und auch in einer Auseinandersetzung mit den MitschülerInnen oder der Lehrkraft zu verteidigen. Dieses Ziel wird mit derartigen Initiativen erreicht. Die SchülerInnen gehen mit einem gestärkten Selbstbewusstsein aus diesem Prozess hervor. Dem Ziel, verantwortungsvolle und kritische junge Erwachsene zu erziehen, kommt man damit entscheidend näher. So war ich Zeuge, wie eine Schülerin mit der Lehrkraft für Biologie selbstbewusst diskutierte.
Ein Schritt in Richtung Zukunft
Im International-Baccalaureate-Zweig werden oft innovative, pädagogische Konzepte realisiert. Persönlich war ich von der Art der Präsentationen, den rhetorischen Fähigkeiten und den hervorragenden Englischkenntnissen beeindruckt. Das ist zwar naheliegend, wenn die Unterrichtssprache Englisch ist, hinterlässt aber trotzdem Eindruck. Der Ansatz des Inquiry-Based-Learnings (forschendes Lernen) wurde während des Forschungsprojekts zum Thema Milch gekonnt mit den Anforderungen der Kollaboration zwischen den SchülerInnen verbunden.
Ebenso wurde den SchülerInnen eine entscheidende Empfehlung für die Formulierung von künftigen Forschungsfragen mitgegeben. In den meisten Fällen ist es zielführender, eine enge Forschungsfrage zu formulieren. Die Menge an zu erwartenden Daten reicht für eine statistische Weiterverwendung und die Forschungsfrage selbst kann stringent beantwortet werden. Für die Zukunft der SchülerInnen, sie sind gerade 17 Jahre alt, ist dieser Prozess und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sehr wertvoll. Und für mich ist als Vater einer jungen Tochter wird das International Baccalaureate immer attraktiver ...