Schockiert bin ich über wenig, was aus dem Munde des aktuellen US-Präsidenten Donald Trump kommt. Fassungslos bin ich nur über den Umstand, dass eine ahnungslose und narzisstische Witzfigur demokratisch legitimiert ein derart hohes Amt bekleiden kann. Trump möchte den Klimavertrag von Paris aufkündigen und kann das pikanterweise erst einen Tag nach den nächsten Präsidentschaftswahlen in den USA. Doch sein Vorhaben, „Let’s make America great again“, dürfte damit wohl endgültig gescheitert sein. Denn viel schlimmer als seine Ahnungslosigkeit ist, dass er die USA damit am Abstellgleis parkt.
Die vergebene Chance
Geopolitisch ändert die Strategie Trumps alles. Im Bereich der erneuerbaren Energien dürfte eine engere Kooperation zwischen Europa und China stattfinden, das Weltführer in Sachen Klimaschutz werden möchte. Ob das gelingt ist fraglich, zumal über 60 Prozent des chinesischen Energiebedarfs mit Kohle gedeckt wird. Aber China zeigt schon länger Ambitionen. So wird beispielsweise auch der Ausbau der Elektromobilität vehement vorangetrieben.
Auch in den Bereichen Solar-, Wasser- und Windenergie wird bis 2020 massiv investiert. Strategischer Partner für diese Investitionen werden dann eher weniger Firmen aus den USA sein, denn hier dürfte eine Abwanderung der Expertise stattfinden. Das geht zu Lasten der Arbeitskräfte und der Wirtschaftsleistung. Langfristiger als fünf Jahre ist diese Strategie nicht gedacht.
Nun fehlt der Druck
Dass die USA aussteigen möchten, hat noch einen ganz anderen Effekt: Bisher konnten sich China und die Vereinigten Staaten gegenseitig anstacheln, die jeweiligen Klimaziele zu erreichen und sich damit zu schmücken. Der Wettbewerb der größten Binnenmärkte übte einen sanften, aber bestimmten Druck aus. China meinte vor einiger Zeit noch, die Energiewende bis 2020 zu schaffen. Einige Stunden nach Donald Trumps Erklärung wurde dieses Vorhaben korrigiert. Nun spricht man von 2030 als jenes Jahr, in welchem die Energiewende erreicht werden könnte.
Durch den Ausstieg der USA wird China das Feld im Bereich der erneuerbaren Energien überlassen. Das Tempo und die Art der internationalen Kooperation kann nun von China gesteuert werden. Die USA wird den Zug der Innovation auf diesem Gebiet verpassen und nicht mehr „great“ werden.
Er hat nichts verstanden
Donald Trump versteht nichts. Ihm fehlt ein Verständnis für den Arbeitsmarkt der Zukunft, für die Herausforderungen der nächsten Generation (das zeigt sich auch bei der Bildung) und dafür, dass es die USA in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit immer weiter zurückfallen. Diese Haltung ist auch im ökologischen Fußabdruck abzulesen: Die Europäische Union verbraucht pro Kopf die Ressourcen von 2,3 Planeten. Die USA stehen bei 4,6 - also genau doppelt so viel. Und dann behauptet der Sprecher Donald Trumps, Sean Spicer, ein Klimavertrag sollte fairer sein.
Das ist zynisch. Der Lebensstil der Weltbevölkerung verbraucht (noch) die Ressourcen von 1,3 Planeten. Die Klimaerwärmung wird unter keinen Umständen unter 2°C zu halten sein. Nicht nur, dass es dann entschieden wärmer wird, die zukünftige Wirtschaft wird sich dem anpassen müssen. Ganze Wirtschaftszweige werden verschwinden, andere aus dem Boden sprießen. Diese gesellschaftliche Wende zu ignorieren, ist verantwortungslos. Doch bereits im Wahlkampf behauptete Trump, der Klimawandel wäre nicht die größte Herausforderung.
Ein folgenschweres Signal
Als jemand, der versucht, möglichst nachhaltig zu leben, ist das schockierend. Wann hören wir endlich auf, den berühmten Wettbewerbsvorteil auf dem Rücken unseres Lebensraumes zu generieren? Damit schaufeln wir unser eigenes Grab. Natürlich könnte weder ein Präsident noch ein Abkommen zum Klimaschutz die Situation nachhaltig verbessern. Da sollten wir schon bei uns und unseren Gewohnheiten anfangen. Aber die Signalwirkung ist fatal. Der (Welt)Bevölkerung wird damit signalisiert, dass der Klimaschutz ein unwichtiges Politikfeld von ein paar Träumern ist.
Das Pariser Abkommen wird unter anderem auch von China als Chance gesehen, sich global neu zu positionieren und alte Wirtschaftsverflechtungen zu durchbrechen. Trump hat die USA mit dieser Entscheidung isoliert, denn es wird weder nationale Bestrebungen in Richtung Klimaschutz in den USA geben, noch werden private Initiativen in diese Richtung ernstgenommen werden. Mühsam erreichte Fortschritte, werden damit in den Papierkorb geworfen. Aber nicht nur beim Klimaschutz. Schockierend, zumal gerade beim Klimaschutz eine weitgehende Einigkeit besteht und auch für die Bewältigung dieser Herausforderung notwendig ist.