Wie jedes Jahr habe ich heuer die BildungOnline in Hall in Tirol besucht. Ich mag Veranstaltungen, wo ich andere Personen sehe, als jene, denen ich seit sieben Jahren stets über den Weg laufe. Die Veranstalter Harald De-Zottis und Wolfgang Willburger achten seit jeher auf ein durchmischtes Publikum, um eine möglichst große Breitenwirkung zu erzielen. Generell habe ich den Eindruck, als würde man sich in der österreichischen Bildungslandschaft regelmäßig treffen, um zu zeigen, wie gut man ist. Dass man voneinander lernt, scheint bei vielen Veranstaltungen nicht unbedingt im Vordergrund zu stehen. Doch in Hall konnten wir von einander lernen.
Theorie und Praxis in Kombination
Um Pädagoginnen und Pädagogen während verschiedener Fortbildungs- und Messeveranstaltungen Bildungsinnovationen näherzubringen, scheint eine gute Mischung aus Vorträgen von fundierten TheoretikerInnen und erfahrenen PraktikerInnen das Erfolgsrezept zu sein. Beide Seiten haben ihre Berechtigung. PraktikerInnen vermitteln ein Gefühl der Glaubwürdigkeit, nachdem sie vermutlich vor ähnlichen Herausforderungen wie ihr Publikum stehen. Soziale Probleme, sinkendes Budget und größere Klassen. Auf mein Bestreben hin haben die Veranstalter der BildungOnline heuer Carlos Cunha aus Setubal in der Nähe von Lissabon eingeladen.
Carlos ist ein Lehrer, der in seiner Schule einen Lernbereich nach dem Vorbild des Future Classroom Labs im European Schoolnet in Brüssel aufgebaut hat. Von seinen Erfahrungen profitieren die ZuhörerInnen immens. Nachzulesen ist seine Präsentation hier. Doch es ist eine Analogie, die er während seiner Vorträge einbaut, die mich zum Nachdenken bringt.
Der Bleistift schreibt mit der Spitze
Mittlerweile begreife auch ich den Prozess der Veränderung im Bildungssystem wie einen Bleistift. Die Spitze schreibt und ist innovativ. Sie bringt Veränderungen zu Papier und treibt Veränderungen voran. Danach folgt der harte und lange Holzteil. Dieser legt nur langsam die Veränderungen der Spitze frei, folgt ihr aber. Man benötigt viel Zeit, Geduld und einen Bleistiftspitzer, um das Potenzial freizulegen.
Nun folgt der Metallteil. Das sind jene Personen (in unserem Fall manche LehrerInnen), die sich jeder Veränderung erfolgreich widersetzen und unverändert am Status Quo festhalten. Dieser Teil sieht das Leben als Konstante, nicht als Veränderung. Zu guter Letzt kommen wir zum gefährlichsten Teil des Bleistifts, dem Radiergummi. Er kann aktiv jene Veränderungen löschen, welche die Spitze erdacht hat.
Ausdauer gefragt!
Etwas habe ich in der Bildungspolitik unseres Landes schon sehr früh verstanden. Bei Veränderungen und Innovationen handelt es sich um keinen Sprint, sondern um einen Marathonlauf. „Was lange währt, wird endlich gut.“ Bereits während meines Studiums habe ich erkannt, wie langsam die Mühlen der Veränderung im österreichischen Bildungssystem arbeiten. Natürlich könnten für jeden Konflikt die jeweiligen Verantwortlichen identifiziert werden. Aber weiter bringt uns diese Haltung nicht.
Während seines Vortrags hat mich Carlos Cunha wieder daran erinnert, dass sich Veränderungen und Innovationen in der Bildung auszahlen. Über die Konzepte des Future Classroom Labs habe ich auf diesen Seiten schon sehr oft geschrieben. Es handelt sich um eine tolle Symbiose aus der theoretischen Arbeit verschiedener EU-Projekte und den praktischen Erfahrungen von LehrerInnen im Alltag. Auf diese Weise können wir den „Gefahren“ des Bleistifts gut begegnen.