Das ging richtig nach hinten los!

Kommunismus-Darstellung
Quelle: https://pixabay.com/de/berlin-wand-kunst-deutschland-315483/ 04.05.2017

Eine ähnliche Strategie hätte von einer populistischen Partei stammen können. Eine Regierungspartei stellt den Bundeskanzler als Kommunisten mit Hammer und Sichel dar und kreiert ein „Feindbild“, das es in absehbarer Zeit gar nicht geben kann. Wenn der Boden der Sachlichkeit verlassen wird und gefühlte Wahrheiten der postfaktischen Zeit nicht mehr als das Spiegelbild der eigenen Unwissenheit sind, entsteht eine peinliche Realitätsverzerrung. Doch was steckt dahinter? Steckt überhaupt etwas dahinter? Oder handelt es sich nur um einen verzweifelten Mobilisierungsversuch?

Das doppelte Feindbild

Jede politische Partei ist um Profilierung bemüht. Die Unterschiede zu den politischen Mitbewerbern sollte möglichst deutlich für alle WählerInnen erkennbar sein. Hierbei geht es vor allem darum, die eigenen KernwählerInnen bei der Stange zu halten. Sie sollen daran erinnert werden, warum sie der jeweiligen Partei ihre Treue halten. Genau hier liegt das erste Problem: Eine Stammwählerschaft im traditionellen Sinne gibt es heute nicht mehr. Die Anzahl der ParteimitgliederInnen ist rückläufig und jene BürgerInnen, die stets eine bestimmte Partei wählen, werden weniger.

Jetzt kommt die Broschüre der ÖVP ins Spiel. Einerseits wird das uralte Feindbild des Kommunismus gezeichnet. Dieses geht bis in die Zeit der ersten Republik zurück, wo Konflikte gewaltsam ausgetragen wurden. Ein derartiges „Manifest“ zum 1. Mai zu veröffentlichen, ist eine zusätzliche politische Taktlosigkeit. Andererseits wird das rot-grüne Feindbild bemüht. Dieses geht auf eine Zeit zurück, in der die Großparteien noch groß waren und die Grünen stetig wuchsen. Beides ist nicht mehr der Fall und eine rot-grüne Mehrheit wird deutlich verfehlt werden. 

In den eigenen Reihen umstrittener als beim Gegner

Konzipiert ist diese Broschüre als Stimmungsmacher in den eigenen Reihen und als mögliche Wahlhilfe auf regionaler Ebene. Doch einige Landesorganisationen der ÖVP lehnen dieses Pamphlet mit dem Verweis auf fehlende Seriosität ab. Jede Bürgermeisterin und jeder Bürgermeister weiß, dass sie/er nicht mehr ernst genommen würde, wenn sie/er diese Schrift promotet. Daher darf zu Recht die Frage gestellt werden, ob die ÖVP den Kontakt zu ihren regionalen Organisationen verloren hat. Denn das bundespolitische Kalkül dürfte im Parteisekretariat im Vordergrund stehen.

Fazit: Gelassen reagiert, Wind aus den Segeln genommen!

Feng Shui - Gelassenheit
Quelle: https://pixabay.com/de/feng-shui-zen-steine-textur-1927584/ 04.05.2017

Überraschend ist die Reaktion der SPÖ und Christian Kern selbst. Ohne Aufregung nimmt man die emotionale Kritik der ÖVP zur Kenntnis und vermeidet es, sich auf einen Streit einzulassen. Üblicherweise werfen wir den Regierungsparteien vor, sie würden zu viel streiten. Doch dieses Mal kommt es nicht dazu, weil die Kritik an der SPÖ einfach abperlt. Bedenkt man, dass die Regierungsparteien einander brauchen, um bis zur nächsten Wahl verwertbare Ergebnisse vorzuweisen, ist diese Reaktion clever. Denn der Partner, der eine Neuwahl vom Zaun bricht, geht üblicherweise mit weniger Stimmen nachhause. Wenn das die neue Taktik der SPÖ ist, auf koalitionsinterne Provokationen nicht mehr einzugehen, könnte vielleicht wirklich inhaltlich noch etwas bewegt werden …