Europa schlägt zurück!

Mann zwischen zwei Bücherregalen
Quelle: https://static.pexels.com/photos/247899/pexels-photo-247899.jpeg 27.04.2017

Die Europäische Kommission eröffnet ein Verfahren wegen einer Vertragsverletzung gegen die ungarische Regierung. Zeit wurde es. Der Hintergrund ist das umstrittene Hochschulgesetz, das die renommierte CEU (Central European University) bedrohe. Darüber hinaus würden die europäischen Binnenmarkt-Regeln, die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, die akademische und die unternehmerische Freiheit sowie das Recht auf Bildung verletzt. Für ein Land im Herzen Europas sind das schwerwiegende Anschuldigungen. Wie die Europäische Union mit Ungarn umgeht, ist aus Sicht der europäischen Einheit interessant.

Es geht um die Freiheit

Lesen wir uns die Liste der Anklagepunkte durch, verletzt Ungarn eine Reihe von Freiheiten. Gerade das Gut der Freiheit ist ein zentraler Wert der Aufklärung und tief in der (west)europäischen Tradition verwurzelt. Bei populistischen PolitikerInnen ist die Freiheit ein gern verwendeter Spielball der politischen Strategie. Wenn es opportun erscheint, hält man den Wert der Freiheit hoch, um restriktivere Gesetze oder übergeordnete Institutionen zu kritisieren. Passt es allerdings in die politische Strategie der PopulistInnen, wird die Freiheit für ihre Zwecke eingeschränkt.

Aus Viktor Orbans Sicht endet die Freiheit, wenn er und seine Partei in einem akademischen Setting kritisiert werden. Der zweite Aspekt betrifft den Binnenmarkt. Alle europäischen Mitgliedsstaaten haben sich verpflichtet, die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit zu respektieren. Diese Freiheiten einzuschränken, weil sie aktuell nicht ins politische Konzept passen, ist das blanke Gegenteil von dem, was Europa ausmacht. Und im Falle Großbritanniens ein Grund, die EU zu verlassen.

An Ungarn werdet ihr gemessen

Für einen überzeugten Europäer ist es nicht nachvollziehbar, warum europäische Institutionen so wenig Möglichkeiten des Durchgriffs haben, wenn Mitgliedsländer ihre antieuropäischen Suppen kochen. Auch, dass die ungarische Regierung eine „Stoppt-Brüssel-Kampagne“ gestartet hat, ist wahrlich nicht europäisch. Doch zeitgleich zu behaupten, man respektiere die gemeinsamen Werte, ist bestenfalls verwirrend. Der amerikanische Diplomat und Außenminister Henry Kissinger sagte einst: „When I call Europe, I don’t know whom to call.“ Die Haltung Ungarns, oder die der nationalen PopulistInnen in vielen Ländern ganz allgemein, macht dieses Statement nachvollziehbar.

Maßband
Quelle: https://static.pexels.com/photos/162500/measurement-millimeter-centimeter-meter-162500.jpeg 27.04.2017

Die Bildung und die akademische Vernetzung sind die fast wichtigsten Güter Europas. Werden diese eingeschränkt, wird von der europäischen Idee nicht mehr viel bleiben. Die Produktion vieler Güter wird nach Fernost ausgelagert und die Entwicklung innovativer Technologien befindet sich schon seit Jahren in den USA. Es sind kleine, innovative Unternehmen, die Europa vorantreiben. Die Basis dafür sind aber europaweite Begegnungen der Expertise und das fängt bereits in der Schule bzw. an der Universität an.

Zahnlose Anklage?

Die Bildung ist, neben der Menschenwürde, das höchste Gut, das wir verteidigen können. Die Central European University (CEU) hat sich dazu verpflichtet, fragende StudentInnen zu kritischen Erwachsenen heranzuziehen. Die Europäische Kommission hat das offenbar früher als die ungarische Regierung erkannt. Dieser geht es offenbar nur um den blanken Machterhalt. In der ungarischen Bevölkerung vermehren sich die kritischen Stimmen gegen Premierminister Viktor Orban. Doch hat die Anklage der Kommission gegen Ungarn tatsächlich Konsequenzen? Für die freie Bildung und die akademische Freiheit wäre es besser …