Die linke Illusion der Marine!

Eiffelturm schwarz-weiß
Quelle: https://www.pexels.com/photo/black-and-white-city-bird-people-1518/ 23.04.2017

Der Front National um Marine Le Pen hat wenig mit der Partei zu tun, die ihr Vater (Jean-Marie) einst gründete. Die Feindbilder von Marine sind in der Kommunikation nach außen andere. Wie es in ihr drin aussieht, weiß nur sie. Es bleibt zu hoffen, dass Emmanuel Macron sie in der Stichwahl, wie schon im Grunddurchgang, schlagen wird. Der Theorie nach sollte die Front gegen Le Pen groß genug sein. Für die französischen StaatsbürgerInnen ist Marine Le Pen aus mehreren Gründen dennoch attraktiv.

Sie ist republikanisch und patriotisch

In Zeiten der europäischen Krise stellt sie ein weiteres Identitätsangebot. Es ist toll, sich mit Frankreich, der Heimat, zu identifizieren. Der Terror in Nizza und Paris, die Flüchtlingskrise und die abstrakte „Gefahr“, die vom Islam ausgeht, werden instrumentalisiert. Gleichzeitig hält sie in Interviews den Islam und Frankreich für vereinbar. Ein Angebot an die politische Mitte?

Für dieses Angebot spricht, dass sie konsequent all jene ParteimitgliederInnen inklusive ihres Vaters aus der Partei ausgeschlossen oder suspendiert hat, die den rechtsstaatlichen Boden zugunsten des offenen Rassismus verlassen haben. Innenpolitisch greift sie eher sozialdemokratische Themen wie die Vermögenssteuer, die sie behalten möchte, auf. Programmatisch wäre sie der AfD vermutlich zu links und die Anknüpfungspunkte zur FPÖ gehen auch verloren. Wie gesagt: Programmatisch.

Als überzeugter Europäer schlaflos

Verzweiflung
Quelle: https://static.pexels.com/photos/235355/pexels-photo-235355.png 23.04.2017

Viel interessanter und spannender ist die Frage der außenpolitischen Einbettung Le Pens. Dass sie nicht an Europa glaubt und offenbar auch nie geglaubt hat, äußert sich im wahnwitzigen Vorhaben, mit Donald Trump und Vladimir Putin eine internationale Allianz zu schmieden. Es sind die Details, in denen sich ihre wahre politische Einstellung offenbart. Genau wie Steve Bannon, Berater von Donald Trump, vertritt sie Thesen des rechtsextremen Schriftstellers Jean Raspail (z.B. „Das Heerlager der Heiligen“).

Ein Referendum über den Verbleib in der EU wäre bei einem endgültigen Wahlsieg Le Pens wohl unumgänglich. Obwohl das Votum der Französinnen und Franzosen in diesem Falle nicht vorweggenommen werden kann, trüge schon ein Referendum alleine zur Destabilisierung der Europäischen Union bei.

Fazit: Mehr als eine Wahl?

Als Blogger finde ich die Wahl in Frankreich spannend. Vertiefend in den Medien zu recherchieren und interessante Verbindungen zu finden, bereitet mir Freude. Als überzeugter Europäer wird mir allerdings schlecht. Offenbar gibt es kein wirksames, europäisches Identitätsangebot, weshalb ich bei allen nationalen Wahlen tief durchatme. Die Staats- und Regierungschefs haben jahrzehntelang den europäischen Einigungsprozess wegen ihrer Partikularinteressen klein gehalten.

EU-Flagge mit fehlendem Stern
Quelle: https://www.pexels.com/photo/blue-and-yellow-round-star-print-textile-113885/ 23.04.2017

Die Rechnung wird ihnen bei jeder Wahl seit Jahren serviert - ohne Folgen. Solange man sich europäisch auf keine kohärente Strategie einigen kann, wird der Populismus weiter aufleben. Und am Ende des Tages hat Marine Le Pen bestenfalls das geschafft: Von der rechtsextremen Ausrichtung der Partei durch ihren Vater, wurde der Front National eine populistische Modellpartei. Ihr Gegenspieler, Emmanuel Macron, ist zweifelsfrei pro-europäisch. Gewinnt er, atme ich wieder tief durch …