Das Gute zu vermitteln, ist ein schwieriges Unterfangen. Wie können wir unseren Nachwuchs dahingehend sensibilisieren, das gute Leben zu suchen? Ein Blick in die Gazetten lässt uns überhaupt daran zweifeln, ob es das sogenannte Gute überhaupt noch gibt. Bürgerkriege, Flüchtlingskrisen, Kriegsverbrechen, Terror und eine verlogene Politik werden mit einem gesellschaftlich tolerierten Egoismus garniert, der das Gute im Menschen in eine Existenzkrise bringt. Wenn wir die nächste Generation zur Suche nach einem guten Leben ermutigen wollen, sollten wir glaubhaft vermitteln, es selbst zu suchen. Doch eingedenk der Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit, fällt das weit schwerer als gedacht. Und es zählt nicht die alte Weisheit unter JournalistInnen: Only bad News is good News!
Das Gute oder das Richtige?
Im Alltag ist das ein wichtiger, vielleicht sogar essenzieller Unterschied. Denn nicht immer ist das Gute automatisch das Richtige und nicht immer ist das Richtige automatisch gut. Und wenn man sich entscheidet, das vermeintlich Gute zu tun, vernachlässigt man das andere Gute, was wiederum schlecht wäre, oder? Wenn ich eine Initiative für hungernde Menschen unterstütze, werden Initiativen für den Umweltschutz automatisch von mir vernachlässigt.
So gesehen wäre der Begriff Gutmensch, wie er oft von PopulistInnen und Rechten interpretiert wird, das genaue Gegenteil. Aber vielleicht muss man das Schlechte bewusst in Kauf nehmen, um Gutes zu tun. Was ich mit diesen kurz angerissenen Widersprüchen zeigen möchte ist, dass das Gute kein objektiver Wert, sondern bestenfalls ein Ideal und vermutlich sogar individuell ist.
Wie bewerten wir die Weltpolitik?
Ein paar Tage nach dem Giftgasangriff in Syrien und dem darauf folgenden Militärschlag der USA in der Nacht auf Freitag, fällt mir die Unterscheidung zwischen gut und schlecht sowie richtig und falsch schwerer denn je. Denn moralisch habe ich eine zutiefst ablehnende Haltung gegen das syrische Regime. Doch ich sehe auch die möglichen Konsequenzen dieses Militärschlags und frage mich, ob das Weltgefüge in naher Zukunft noch in gewohnte Schemata passt. Denn gerade in postfaktischen Zeiten, fällt die Gratwanderung, auf die wir unsere Kinder vorbereiten müssen, schwerer denn je.
Wirklich schwer zu bewerten wird die Situation, wenn das vermeintlich Böse positive Nebeneffekte hat. Zum Beispiel ist die europäische Gemeinschaft immer dann am geschlossensten und erinnert sich ihrer Ideale, wenn sie unter dem Eindruck des Terrors steht. Deswegen kann trotzdem nicht das Böse angestrebt werden - das wäre ja absurd.
Fazit: Haltung statt Wert!
Um das Gute begreiflich zu machen, sollten wir uns daher zunächst darauf einigen, was das Gute überhaupt ist. Dass es sich nicht um einen objektiven Wert handelt, erscheint logisch, nachdem es immer in Verbindung mit der empfundenen Wahrheit verstanden wird. Und diese ist individuell. In der Erziehung wird das Gute oft mit einer Reihe von Verhaltensregeln in Verbindung gebracht. Werden diese Regeln eingehalten, streben wir für unser Umfeld nach dem guten Leben - zumindest im Kontext der Gesellschaft, in der wir leben. Ein Selbstmordattentäter wird es vermutlich als eine gute Tat empfinden, sich in die Luft zu sprengen und dabei noch unschuldige Menschen „mitzunehmen“.
Er lebt(e) nach alternativen Verhaltensregeln. Vielleicht ist gut zu sein eine Haltung, kein normativer Wert, keine Reihe an Verhaltensregeln, sondern nur der Auftrag, kritisch zu hinterfragen und das Gute auf Basis einer Moral des gegenseitigen Respekts zu verstehen. Das Gute ist dann kein objektivierter Wert, der angestrebt werden soll, sondern ein steter Konflikt mit sich selbst …