Eine Scheidung mit Rosenkrieg?

Großbritannien und die EU gehen getrennte Wege
Quelle: https://pixabay.com/de/eu-großbritannien-2016-problematik-1473958/ 31.03.2017

Jetzt ist es offiziell. Großbritannien hat mehr als ein halbes Jahr nach dem Brexit-Referendum den offiziellen Austrittsprozess mit der Übergabe des Austrittsantrags in Gang gesetzt. Ab nun stehen zwei Jahre zur Verfügung, eine geordnete Scheidung zwischen Großbritannien und der Europäischen Union zu vereinbaren. Über 21.000 Gesetze und Vereinbarungen mit der EU müssen neu verhandelt werden und Konflikte gibt es schon zu Beginn. Während die EU Zahlungen einheben möchte, zu denen sich die Briten verpflichtet haben, sehen diese wiederum die europäische Familie in der Pflicht, zu zahlen. Diese Scheidung - darüber dürfte Einigkeit bestehen - wird teuer. Und es wird wohl ein Rosenkrieg über die anstehenden Zahlungen entfachen. Britische Erpressungsversuche gibt es bereits.

Die Natur der Scheidungen

Viele von uns kennen das Prozedere und den Subtext bei Scheidungen. Jahrelange Ressentiments und Verletzungen treten nun zu Tage und die sachliche Auseinandersetzung mit der Materie wird sehr schnell emotional. Diesbezüglich dürfte es hier nicht anders werden. Seit Jahrzehnten wird Großbritannien der sogenannte Britenrabatt gewährt. Gemessen an der Wirtschaftsleistung trug das Vereinigte Königreich wesentlich weniger als beispielsweise Deutschland zur Europäischen Union bei.

Das hinterlässt Verletzungen und vor den Kopf gestoßene Familienmitglieder. Wenn auch noch finanzielle Fragen, wie bei allen Scheidungen, im Vordergrund stehen, überwiegen schnell negative Emotionen. Von beiden Seiten werden gewichtige Argumente ins Treffen geführt, warum man sich bei einer Scheidung im Vorteil sieht. Der größte Trumpf der EU ist der große Binnenmarkt, zu dem das Vereinigte Königreich gerne in irgendeiner Form Zugriff hätte. Großbritannien hat wiederum das Ass der Geheimdienstinformationen im Ärmel.

Was ist mit den Kindern?

Bis zu vier Millionen europäische BürgerInnen dürften aktuell auf der Insel und 1,2 Millionen britische Staatsangehörige im Rest der EU leben. Ihr Status wird nun hinterfragt und ist auch Gegenstand der Verhandlungen zum EU-Austritt. Was passiert mit ihnen? Eines der wichtigsten Motive für den Austritt Großbritanniens war die ablehnende Haltung bezüglich des freien Personenverkehrs europäischer BürgerInnen. Grundsätzlich dürfen sich BürgerInnen der EU in jedem Mitgliedsstaat zeitlich unbegrenzt frei bewegen und arbeiten. Der Zutritt zum europäischen Binnenmarkt wird aber vermutlich an den freien Personenverkehr gebunden sein.

Fazit: Auf keinen Fall erpressen lassen!

Breakup
Quelle: https://pixabay.com/de/trennung-scheidung-beziehung-paar-908714/ 31.03.2017

Natürlich bin ich Europäer und die Haltung der Briten kann ich kaum nachvollziehen. Aber bezüglich der Scheidung sehe ich den ganzen Prozess etwas rationaler. Man muss sich die Frage stellen, wer die Scheidung will. Großbritannien. Nachdem es sich bei der Europäischen Union um eine Staatengemeinschaft handelt, sind nicht die Interessen des Vereinigten Königreichs gegen jene der EU abzuwägen, sondern britische Interessen gegen jene der 27 anderen EU-Staaten. Das heißt, die eindimensionale Vorstellung der Briten bezüglich des Austritts ist illusorisch. Außerdem muss die EU schlechte Konditionen für Großbritannien aushandeln, damit nicht andere Länder folgen.

Denn auszutreten und dennoch die Vorteile und Errungenschaften der Europäischen Union - wie zum Beispiel den gemeinsamen Binnenmarkt - zu nutzen, geht eigentlich nicht. Der Versuch von Theresa May, die europäischen VerhandlerInnen bereits vorab mit den britischen Geheimdienstinformationen zum Thema Sicherheit zu erpressen, wirkt billig, verloren und unehrlich. Denn einen harten Brexit mit all seinen Konsequenzen zu verhandeln, war ihr Ziel …