Mir wird schlecht. Mir wird schlecht, weil die Wissenschaft und ihre Forschung frei sind, oder frei sein sollte. Mir wird schlecht, weil die SchülerInnen heute einen differenzierten Umgang mit Extremismus lernen sollten und es ist das Erbe dieses Landes, dass Extremismus zu hoffentlich nie wiederkehrenden Zuständen geführt hat. Aber mir wird vor allem schlecht, weil ich dachte, wir leben in einem Land mit freier Meinungsäußerung und einem differenzierten Umgang mit unserer Geschichte. Doch was an einer Linzer Schule vorgestern passiert ist, stellt das für mich in Frage. Was war passiert?
Vortrag über Extremismus
An einer Linzer Schule wurde ein Vortrag zum Thema Extremismus veranstaltet. Die SchülerInnen sollten durch ihn die Herkunft des Extremismus und seine aktuellen Erscheinungsformen kennenlernen. Gerade in Zeiten, in denen die sozialen Medien als primäre Quelle der Informationen unter jungen Menschen herangezogen werden, ist eine fundierte Schulung diesbezüglich umso wichtiger. IS, Salafismus, Staatsverweigerer, islamistischer Terror, linker und rechter Extremismus und deutschnationale Burschenschaften. Diese Tendenzen zu erkennen und einzuordnen ist ein Gebot der Stunde.
Der Vortrag von Journalist und Autor Thomas Rammersdorfer wurde vor SchülerInnen im Alter von 17 und 18 Jahren gehalten, weshalb ich das Argument der Beeinflussung nicht gelten lasse. In diesem Alter dürfen österreichische StaatsbürgerInnen wählen und sollten in der Lage sein, sich ihre eigene Meinung zu bilden. Als die deutschnationalen Burschenschaften zur Sprache kamen, wurde lediglich festgehalten, dass diese einen evidenten Einfluss auf Funktionäre der FPÖ hätten. Die FPÖ selbst wurde nie als extremistisch bezeichnet. Und das war auch der einzige Punkt, in dem sie nachweislich erwähnt wurde.
„Ich mach mir die Welt, …
wie sie mir gefällt.“ (Pippi Langstrumpf) Der Zusammenhang zu deutschnationalen Burschenschaften ist keine Unterstellung oder Vermutung, sondern lediglich ein Faktum, von dem wir uns spätestens im Rahmen des Akademikerballs jedes Jahr überzeugen können. Kaum ein/e VertreterIn der FPÖ wird diesen Zusammenhang verleugnen. Warum auch? Wir leben in einem Land, in dem freie Meinungsäußerung gilt. Also dürfen auch solche Positionen bezogen werden, ob sie uns gefallen oder nicht. Im Übrigen beruft sich die FPÖ stets auf die verfassungsmäßige freie Meinungsäußerung.
SchülerInnen kurz vor dem Abschluss der Schule nicht zuzutrauen, dass sie eine differenzierte Analyse vornehmen können und derartige Vorträge zu verbieten, ist schlicht eine Einschränkung der freien Meinungsäußerung und eine Zensur. Während des Vortrags hatte der Sohn eines FPÖ-Abgeordneten seinen Vater über dieses Referat informiert. Daraufhin wurde der Vortrag abgebrochen, nachdem der Vater beim Direktor interveniert hatte. In meiner Wahrnehmung ist das Zensur.
Fazit: Das wahre Gesicht
Die FPÖ - oder einer ihrer Abgeordneten - dürfte hier ihr/sein wahres Gesicht gezeigt haben. Auf freie Meinungsäußerung pochen, aber wenn es gegen einen selbst geht, wird diese untergraben. Aber eine Demokratie funktioniert so eben nicht. Vielleicht unter Erdogan, aber nicht bei uns. Im Übrigen sollte die Schule ein parteipolitisch freier Raum bleiben, weshalb eine direkte Intervention durch VertreterInnen einer Partei eigentlich unzulässig ist. Die Bildung und die Wissenschaft sind eben frei - vor allem parteipolitisch.
Gelernte ÖsterreicherInnen werden jetzt sagen, dass in diesem Land sehr wenig ohne die Einflussnahme von politischen Parteien passiert. Das mag sein, aber die SchülerInnen sollten hier nach Möglichkeit verschont bleiben. Eine gesunde Demokratie bedingt einen kritischen und differenzierten Umgang mit der Geschichte und multiple Meinungen müssen nicht nur ausgehalten werden, sie sind für die Entwicklung einer Demokratie auch notwendig. Sollte das die FPÖ anders sehen, ist ihr wahres Gesicht eben nicht demokratisch, sondern nur populistisch …