Reformpädagogische Ansätze sind gerade sehr gefragt. Es mag daran liegen, dass wir Eltern oft nicht den erwarteten Gegenwert der Erziehung in traditionellen Schulen finden. Alles, was aus den bekannten Strukturen versucht, auszubrechen, scheint mehr als interessant zu sein. So ist die Erziehung und Lehre nach dem Montessori-Prinzip längst bekannt, erlebt aber zur Zeit eine erneute Hochkonjunktur. Anlass dieses Artikels ist der Montessori-Campus im 14. Wiener Gemeindebezirk, dessen Räumlichkeiten - wie bei Montessori üblich - eher an Wohnräume erinnern.
Das Prinzip
Unterrichtet wird nach dem Mehrstufen-Prinzip, wobei jede Stufe der Entwicklungsphase des jeweiligen Alters entspricht. Klassische Unterrichtsfächer, wie im normalen Schulbetrieb, gibt es nicht und es stehen immer zwei PädagogInnen pro „Klasse“ zur Verfügung. Bei der Erarbeitung eines Lernthemas obliegt ihnen der Einstieg, das erste Darstellen der Thematik. Die weitere Erarbeitung erfolgt im selbstständigen Lernen durch die SchülerInnen, was auch hinsichtlich der SchülerInnen-Autonomie interessant ist.
Grundsätzlich folgt die Montessori-Pädagogik drei Prinzipien. Zentral ist das Prinzip des Voneinander-Lernens. Es steht im Mittelpunkt und danach richtet sich auch die Einteilung der Lerngruppen. Das zweite Prinzip ist jenes des vernetzten Lernens, weshalb Unterrichtsfächer im klassischen Sinn nicht zu finden sind. Das dritte Prinzip ist jenes der Ordnung. Sie ist Teil des Bildungskonzepts und dient der Orientierung.
Motivation & Umgebung
Kinder wollen lernen. Sie lernen automatisch, wenn sie eine passende Umgebung vorfinden. Und zwar ausnahmslos, wie erfahrene PädagogInnen im Montessori-Bereich zu erzählen wissen. Auch das Future Classroom Lab (FCL) funktioniert nach diesem Prinzip: Lernen „passiert“, wenn die Umgebung stimmt. Damit das Prinzip des Voneinander-Lernens erfolgreich funktioniert, müssen Regeln des zwischenmenschlichen Umgangs formuliert werden. Diese werden von den Kindern selbst erstellt. Nur im Notfall formulieren diese die Erwachsenen. Doch die Kinder sind da meist viel strenger.
Die Geschichte
Entwickelt wurde dieser reformpädagogische Ansatz von Maria Montessori (geboren 1870), einer italienischen Krankenschwester, die mit Menschen mit Behinderung arbeitete. 1907 entstand in einem Armenviertel Roms, in San Lorenzo, das erste Kinderhaus (Casa dei Bambini). 1917 entstand das erste Kinderhaus in Wien und 1924 die erste Schule. Seit den 1970er Jahren gibt es in Österreich eine Reihe von Montessori-Einrichtungen. Auch wegen des Übertritts zum Studium brauchen sich Eltern keine Sorgen machen. Der Montessori-Campus bietet das International Baccalaureate Diploma, wie beispielsweise das BG Klosterneuburg, an. Und diese SchülerInnen sind mehr als gerüstet für das Studium und sind österreichweit am erfolgreichsten bei der Zentralmatura.
Fazit: Vorurteile fehl am Platz!
Ich selbst war mir nie ganz sicher, was ich von der Montessori-Pädagogik zu halten habe. Vermutlich hat das fehlende Verständnis für diese Form der Reformpädagogik seinen Ursprung in nie ganz beseitigten Vorurteilen. Während der Recherchen zu diesem Artikel haben sich viele dieser Vorurteile aufgelöst. Was bleibt, ist ein pädagogischer Ansatz, der nicht nur seine Existenzberechtigung hat, sondern eine valide Alternative zum traditionellen Unterricht darstellt. Jedes pädagogische Konzept, das aus der traditionellen Reihe tanzt, reichert die Bildungslandschaft nur an. Spreche ich für die Montessori-Pädagogik eine Empfehlung aus? Ja! Eine ernsthafte Beschäftigung mit der Materie kann ich Eltern jedenfalls empfehlen, auch wenn es nur dazu führt, dass kleinere Elemente im traditionellen Setting umgesetzt werden …