Reden wir über das amerikanische Bildungssystem. Genauer, über die amerikanische Hochschulpolitik. Denn diese ist im Vergleich zum System hierzulande ganz anders strukturiert und unterliegt anderen Prinzipien. Gerade der Zugang zu qualitativer Hochschulbildung ist in den USA elitär aufgebaut. Das Gleiche könnte man aber auch über die allgemeine Schulbildung sagen. Gerade Bernie Sanders hat während der demokratischen Vorwahlen mit einem Schwerpunkt auf Hochschulpolitik gegen seine Rivalin Hillary Clinton gepunktet. Unter Donald Trump scheint der Bildungspolitik das gleiche Schicksal zu blühen wie überall anders auf der Welt. Und das ist nicht zwingend die Schuld von Donald Trump.
Niemand gewinnt Wahlen mit Bildungspolitik!
Noch jede Regierung der westlichen Welt hat sich davor gehütet, ihren Schwerpunkt auf die Bildungspolitik zu legen, wenn es dem Land - grob gesehen - recht gut geht. Der Grund ist einfach: Effekte bildungspolitischer Maßnahmen sind erst nach der nächsten Wahl spürbar. Lohnerhöhungen oder Wirtschaftswachstum sind Effekte, die man wesentlich früher spürt. Nachdem die Amtszeit des US-Präsidenten gerade einmal vier Jahre beträgt, kann die Bildungspolitik niemals ein Schwerpunkt sein.
In den USA kommt noch eine Besonderheit hinzu. Der Präsident benötigt die Unterstützung des Kongresses (Anm. d. Red. Repräsentantenhaus und Senat). Im Falle von Donald Trump also die Unterstützung der Republikaner. Diese Situation wäre nun gegeben. Genauso, wie während der ersten zwei Jahre Amtszeit von Barack Obama. Doch nach zwei Jahren kommen die berühmten Midterm-Elections und ein Teil des Kongresses wird neu gewählt. Sehr oft schlägt hier das Machtpendel wieder um.
Wenn sich Eliten „reproduzieren“!
Wenn ich für die Innovationsschule auf der Suche nach pädagogischen Innovationen bin, fällt der Name USA beinahe nie. Der Grund ist banal: Eine hohe Qualität - obwohl die auch erst definiert werden muss, wie wir später erfahren - ist in den USA stets eine Frage des Geldes. Je mehr Geld ausgegeben werden kann, desto besser die Bildung. Und das betrifft nicht nur die universitäre Ausbildung, wie die vielen Privatschulen zeigen. Generell kann gesagt werden, dass es auch bei uns eine starke Korrelation zwischen den Bildungsabschlüssen der Eltern und der ihrer Kinder gibt. Aber es ist nicht im gleichen Ausmaß eine Frage des Geldes wie bei uns.
Dort sind wir die beinahe absurden Studiengebühren gewohnt und auch US-amerikanische Privatschulen verlangen Beiträge, die sich Normalverdiener/-innen bei uns nicht leisten könnten. Dieses elitäre System vermittelt meistens einen Hauch von Qualität. Aber es ist kein Zeugnis einer modernen Gesellschaft, wenn Qualität und Innovationen im Bildungssystem nur eine wirtschaftlichen Elite vorbehalten sind. Eigentlich sind diese Strukturen sogar feudal.
Exzellente Schafe?
Der ehemalige Yale-Professor William Doresiewiecz beschreibt in seinem Buch „Excellent Sheep“ die akademischen Schwächen des elitären Hochschulsystems in den USA. US-amerikanische Elite-Unis würden nur konforme Schafe erziehen, deren Identitätsaufgabe in der Corporate Identity eines Unternehmens endet. Verkürzt bedeutet das, kritische Individualität ist eigentlich gar nicht mehr erwünscht und für die Beseitigung dieser Individualität wird auch noch sehr viel Geld ausgegeben. Doresiewicz sieht eine „erfolgreiche“ Symbiose aus Eliteunis und den führenden Unternehmen.
Fazit:Das ignorierte Klassenproblem!
Unter einem republikanischen Präsidenten werden die Republikaner das machen, was sie am besten können. Sie negieren das amerikanische Klassenproblem in der Bildung. Wohlhabende Amerikaner/-innen können ihren Kindern sowieso jede Art der Bildung angedeihen lassen. Sozial schwächere Familien sind demnach systematisch ausgeschlossen. Was Obama mit seiner Gesundheitsreform realisierte, sollte im „Zukunftssektor“ Bildung ebenso umgesetzt werden. Doch so weit sind die Amerikaner/-innen noch nicht.
Bernie Sanders wollte hier eine Veränderung einleiten. Mindestens vier weitere Jahre müssen wirtschaftlich schwächere Amerikaner/-innen auf so etwas wie einen freien Bildungszugang - auch zu den Hochschulen - warten. Hierzulande dürfen wir nur nicht den Fehler machen, die USA als Vorbild zu nehmen. Denn diesbezüglich sind wir tatsächlich wesentlich weiter. Und das ist gut so …