Zum Auftakt des Technologiemonats November der Innovationsschule, beschäftige ich mich zunächst mit der Elektromobilität Chinas. Besser gesagt mit Chinas Plänen. Denn der schleichende Wechsel von Verbrennungs- zu Elektromotoren hat längst begonnen. Und wo sind die europäischen Autobauer? Im Dornröschenschlaf der Mobilität. Aber wie genau sehen Chinas Pläne aus und warum geraten die namhaften europäischen Autobauer unter Druck?
Die Quote Chinas!
Im Jahr 2020 sollen 70 Prozent der in China verkauften Elektroautos aus chinesischer Hand stammen. Fünf Jahre später sollen es sogar 80 Prozent sein. Damit nicht chinesische Autobauer künftig noch Zugang zum chinesischen Automarkt bekommen, werden Kreditpunkte vergeben. Am Beispiel des Volkswagen-Konzerns bedeutet das, 60.000 der jährlich 3 Millionen verkauften Fahrzeuge müssen einen Elektroantrieb haben. Schafft VW diese Quote nicht, müssen sie die Produktion zurückfahren oder anderen Herstellern, die die Quote erfüllen, Kreditpunkte teuer abkaufen. Aktuell verkauft VW etwas über 1200 Elektroautos in China, keinesfalls aber 60.000. Also entweder muss die Produktion von Verbrennungsmotoren zurückgefahren oder die Quote verkaufter E-Autos erhöht werden. Für VW bedeutet das Druck.
Chinas Anreize!
Die Anreize zum Umstieg auf Elektromobilität sind in China vielfältig. Einerseits werden E-Autos staatlich subventioniert, andererseits funktioniert die Neuzulassung in China anders. Jedes Fahrzeug bekommt ein ihm zugeordnetes Kennzeichen. Für konventionelle Autos werden diese Kennzeichen nur noch streng limitiert verlost. Elektroautos bekommen problemlos ein Kennzeichen. Wenn also die Menschen keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr anmelden können, kaufen sie diese auch nicht mehr, so die Überlegungen. Und sie funktionieren. Bis August wurden heuer 240.000 E-Autos und Kleinbusse verkauft. Eine Verdoppelung zum Vorjahr.
Batterie und Infrastruktur!
Dass sich Elektroautos in Europa noch nicht durchgesetzt haben, hat mehrere Gründe. Einerseits verweisen die Konsument/-innen stets auf die geringe Reichweite, die zwar im Alltag (bedenkt man die durchschnittlich gefahrenen Kilometer pro Tag) fast unerheblich ist, aber dennoch abschreckt. Andererseits, und das ist der viel wichtigere Aspekt, ist das Netz an Aufladestationen sehr, sehr lückenhaft. Und die europäischen Autobauer scheinen auch keine große Motivation zu haben, aus eigener Kraft daran etwas zu ändern. Vorrangig importiert man die Batterietechnik aus Asien. Somit konnten sich Konzerne wie Tesla in den USA und zahlreiche Hersteller aus Asien einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erarbeiten.
Sie haben bereits frühzeitig in dieses Segment investiert und wesentlich mehr Expertise als ihre deutschen Konkurrenten. Bei VW fordert sogar der Betriebsrat Investitionen des Managements in diesem Bereich ein. Doch VW verweist nur darauf, dass man künftig 10.000 der 600.000 Stellen abbauen wird, weil der Produktionsprozess bei E-Autos vereinfacht wird. Bedenkt man, dass 30 Prozent der Wertschöpfung der E-Autos im Batteriesegment liegen, erkennt man die prekäre Situation der europäischen Autobauer.
Fazit: China diktiert den Fortschritt?
Norwegen hat bereits ähnliche Pläne zu Beginn des Jahres vorgestellt. Doch im Falle Norwegens kann man von einem wirtschaftlichen Elitefall ausgehen. Wenn jetzt China die Innovation realwirtschaftlich antreibt, hat das aufgrund der Größe des Marktes eine ganz andere Wirkung. Denn plötzlich sind es keine Eliten mehr, die E-Autos kaufen, sondern Otto-Normalbürger. Und für diesen Fall scheinen die europäischen Autobauer schlicht nicht gerüstet zu sein. Ein anderer Aspekt: Wenn China und die USA in die Elektromobilität investieren, gerät Europa ins Hintertreffen und wir werden vermutlich die letzten sein, die entsprechende Elektrokonzepte auf die Straße bringen. Eigentlich peinlich, oder … ?