Gibt es ein Leben nach dem Tod, oder doch nur den Tod nach dem Leben? Zumindest einmal im Jahr stellen wir uns diese Frage. Zu Allerheiligen. Wir besuchen die Gräber unserer verstorbenen Liebsten, fragen uns, wie viel Zeit uns noch bleibt und, ob wir keine Zeit verschwenden. Denn zumindest einmal pro Jahr, wenn der typische Novembernebel eine eigenartige Stimmung zwischen Dies- und Jenseits kreiert und am Vorabend unsere Kinder Halloween „feiern“, wird die Endlichkeit des Lebens an den Grabstätten unserer Vorfahren illustriert. Warum mich dieses Thema als Education Blogger so beschäftigt? Weil Verlust ein völlig normaler Bestandteil unseres Lebens ist und die sinnvolle Nutzung unserer Zeit sich vor allem in der Bildung widerspiegelt. Hier meine Gedanken …
Der Kern ist Teil der Frucht!
In meiner Schulzeit beschäftigte ich mich mit einem Roman von Rainer Maria Rilke, einer der wenigen, ist er doch eher für seine Lyrik bekannt. „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ haben mich schon damals intensiver zum Nachdenken gebracht. Ein Satz blieb mir besonders im Gedächtnis. Wir tragen den Tod in uns, wie eine Frucht ihren Kern. Wenn die Frucht also verbraucht, gegessen oder verfault ist, tritt der Kern zutage. Ähnlich verhält es sich mit dem Tod. Wir tragen ihn in uns und am Ende unseres Lebens tritt er zutage. Der gesellschaftliche Umgang mit dem Tod spiegelt unsere Ambivalenz in unserer Beziehung zu ihm wieder. Wir alle wissen um die Endlichkeit unserer Existenz, aber versuchen diese zu verdrängen - so gut es eben geht. Wenn uns diese meist tragisch vor Augen geführt wird, sind wir vollends überfordert - zurecht. Aber können wir dem entgegenwirken? Vermutlich nur intellektuell, keinesfalls emotional. Denn wenn eine nahestehende Person uns verlässt, hilft jede intellektuelle Befassung nicht.
Aktive Integration in den Alltag?
Manche Völker weltweit integrieren den Tod aktiver ins Leben. So wird der Tod von Mitmenschen als Anlass genommen, das Leben der verschiedenen Person zu feiern und nicht den Tod zu betrauern. Indem das jeweilige Leben gefeiert wird, wird dem Tod eine natürliche Rolle gegeben. Denn er ist weder negativ noch positiv. Er ist vorhanden. Unausweichlich. Nachdem dieser Umstand nicht geändert werden kann, fokussieren sich diese genannten Völker auf das Leben. Dieses können wir beeinflussen. Diesem können wir so viel Sinn geben, wie wir das für richtig halten. Daher wird während der Bestattungsrituale das Leben gefeiert, nicht der Tod betrauert. Denn ihn zu betrauern hilft nicht. Das Leben zu feiern ehrt zumindest das Lebenswerk der verstorbenen Person. Wenn mein Leben nach meinem Tod gefeiert wird, würde ich meinen, es war ein erfolgreiches.
Fazit: Was passiert?
Was nachher passiert, weiß keiner von uns. Passiert überhaupt etwas? Oder ist einfach alles aus? Religionen stehen deswegen seit jeher mit Agnostiker/-innen in Konflikt. Während Religionen versuchen, den Menschen Hoffnung zu geben oder Trost zu spenden, ist der pure Realismus der Agnostiker/-innen teilweise hart. Die Konfliktgrenze wird Spiritualität genannt, noch nicht zwingend Glaube. Denn ich kann glauben, dass nachher nichts ist, während ich in meiner Spiritualität nicht glauben kann, dass die Lebensenergie, die Erfahrungen oder die Freude, die wir unseren Mitmenschen gemacht haben, verschwindet. Doch solange wir aktiv sind und an einer besseren Welt für unsere Hinterbliebenen arbeiten, sind diese Sorgen erst zu gegebener Zeit relevant. Oder wie sagte Epikur von Samos? „Mit dem Tod habe ich nichts zu schaffen. Bin ich, ist er nicht. Ist er, bin ich nicht.“