Gestern hat die Regierung Orban in Ungarn über die europäischen Flüchtlingsquoten abgestimmt. Ziel derartiger Quoten ist eine gleichmäßige und faire Verteilung von Kriegsflüchtlingen in Europa. Damit würde die Europäische Union endlich als politische Einheit auftreten, denn keine andere Frage der jüngeren europäischen Geschichte hat einen derart großen Keil in die Einheit Europas getrieben. Besonders ironisch ist jetzt, dass das Referendum gescheitert ist. Dem Populisten Viktor Orban ging das Volk aus. Denn so laut, wie er gegen diese Flüchtlingsverteilungsquote polterte, so desinteressiert waren seine Bürger/-innen.
Faire Quote, unfaire Abstimmung?
Worüber abzustimmen war ist kein Europa à la carte. Worüber abzustimmen war, ist keine Kann- sondern eine Mussbestimmung. Das letzte Mal, als ich nachsah, hat Ungarn die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert und ist Teil der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Außenpolitik. Ungarn ist sowieso Teil einer gemeinsamen Europäischen Union. Zumindest theoretisch. Denn man ist gerne Teil der EU wenn es um die Verteilung von Fördergeldern geht. Aber wenn es darum geht, eine europäische Solidarität aufrechtzuerhalten, will man von dieser Europäischen Union nichts wissen und die populistische Keule wird geschwungen während vollmundig ein Referendum angesetzt wird. Genauso hätte man abstimmen können, ob man gegen schlechtes Wetter ist.
Gescheitertes Referendum für eine gescheiterte Politik?
Viktor Orban wollte ein überwältigendes, demokratisches Ergebnis. Das bedeutet: Eine hohe Beteiligung und eine hohe Ablehnung. Die hohe Ablehnung wurde erreicht - vielleicht sogar doppelt. Denn dass 60 Prozent der Ungar/-innen nicht abgestimmt haben, kann als Ablehnung ihrer Regierung interpretiert werden. Die demokratische Legitimierung des Populisten ist also nicht mehr gegeben. Das ist eine Ironie, denn auf eine große Unterstützung der Massen, die er mobilisiert, beruft sich Orban stets.
Humanität nach Grausamkeit?
Vor meinem geistigen Auge sehe ich noch immer, wie die ungarische Regierung mit Flüchtlingen umgegangen ist. In einem (fast) Gehege wurde den wartenden Menschen Essen zugeworfen. Nicht einmal unsere Hündin füttere ich zum Spaß so. Und an der Außengrenze ließ man die Menschen im Schlamm schlafen. Dabei ging es nie darum, die Menschen wahllos nach Europa kommen zu lassen. Es ging um faire Asylverfahren (wie auch immer diese ausgehen), die alle mutmaßlichen Flüchtlinge verdienen. Solange wir über diese Frage diskutieren, mache ich jenen niemals zum Vorwurf, dass Europa seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Vielleicht sieht das jetzt auch ein Teil der ungarischen Bevölkerung so.
Fazit: Populisten ohne Legitimation!
Eines hat das ungarische Referendum deutlich gezeigt: Wählen zu gehen ist essenziell. Demokratie hat mit Populismus letztlich gar nichts zu tun. Die Instrumentalisierung demokratischer Prozesse der Meinungsfindung zur Stimmungsmache funktionieren aber nur so lange, so lange sich die Masse instrumentalisieren lässt. Doch wenn eine deutliche Mehrheit der Menschen zu Hause bleibt, schlägt die Stimmungsmache in ein ablehnendes Stimmungsbild um. Eine Ablehnung des Populismus? Jedenfalls können von einer demokratischen Legitimation gerade Populisten dann nicht mehr sprechen …