… und es sind erst fünf vergangen.“ Mein bester Freund hat während unserer Schulzeit vor ewigen Zeiten in diesem kurzen und vielsagenden Satz die gesamte Ungeduld und manchmal auch Langeweile auf den Punkt gebracht. Fast zwei Jahrzehnte später muss ich noch immer mit einem Schmunzeln daran denken. Ich bin ungeduldig, verstehe gewisse Trödeleien in meiner idealisierten Vorstellung des Sollzustands nicht - obwohl ich sie auf der Prozessebene nachvollziehen kann - und hinterfrage stets den Status Quo. Manchen Menschen wird das nicht gefallen. Vor allem das unverblümte, manchmal undiplomatische Element wird manche vor den Kopf stoßen.
Hinterfragen als Lebenseinstellung!
„Wer aufhört, besser werden zu wollen, hört auf, gut zu sein.“ (Marie von Ebner-Eschenbach) (http://www.zeitblueten.com/news/zitate-marie-von-ebner-eschenbach/). Marie von Ebner-Eschenbach hat in diesem kurzen Satz so viel zusammengefasst, was wir in so vielen Lebenslagen verbessern könnten - individuell und auch systemisch. Mich treibt das Verlangen nach Verbesserung stets an, in meinem Lebenssystem: beruflich und privat. Natürlich stoßen wir alle auf Herausforderungen in unserem Leben, die uns an unserer Richtung zweifeln lassen und unsere Werte hinterfragen. Deswegen ist es so wichtig, einen idealen Sollzustand im Hinterkopf zu behalten.
Sind wir am Scheideweg?
Einige Entwicklungen der letzten Zeit stimmen mich nachdenklich. Ich spreche jetzt nicht von politischen Herausforderungen oder Optimierungsmöglichkeiten im Bildungssystem, die ich immer wieder herausstreiche. Ich spreche vom Verlust des zwischenmenschlichen Umgangs, der von gegenseitiger Achtung geprägt sein sollte. Ich spreche von politischen Vertreter/-innen, die schamlos ihr Gegenüber attackieren, oft unter der Gürtellinie des guten Umgangs. Und das Schlimmste aus meiner Sicht ist, dass sich dieser Umgang in Teilen unserer Gesellschaft zu perpetuieren scheint. Wenn man Foren von Zeitungen oder die Interaktion in den sozialen Netzwerken beobachtet, so geht es in den seltensten aller Fälle sachlich zu. Die meisten Argumente werden mit einem persönlichen Untergriff eröffnet und verlaufen an der Oberfläche der persönlichen Beleidigungen.
Wir beschweren uns mit Vergnügen darüber, welche Politiker/-innen uns vertreten und dass man sich für sie nur noch genieren kann. Doch die wenigsten Menschen sehen in unseren Politiker/-innen einen Spiegel unserer negativsten Eigenschaften. Denn die Demokratie, das zeigt die Geschichte, bringt diese Eigenschaften immer wieder an die Oberfläche. Nein, ich sehe uns nicht am Scheideweg. Ich glaube nur, wir sollten uns - jede/r für sich - erinnern. Erinnern an unsere Geschichte, unsere Werte und unsere Lehren.
Ungeduld als Tugend?
Meine Ungeduld, bildungspolitische Reformen nach Jahrzehnten des Stillstandsmanagements umzusetzen, spiegelt das Hinterfragen von altbewährten Prozessen wieder. Manchmal muss auch der alte Besen entsorgt und neu begonnen werden. Und wenn wir ein Bildungssystem - geschweige denn die Schule - heute auf einem weißen Blatt Papier konzipieren wollten, es sähe signifikant anders aus. Das ist der Idealzustand, der realiter nicht erreicht werden kann aber nach dem zu streben wäre. Jedenfalls nach meinem Empfinden.
Innovationen, die eine Entwicklung und Modernisierung des Status Quo sind, sind keine Innovationen, sondern Evolutionen. Diese Entscheidung ist essentiell für das Verständnis politischer Akteur/-innen. Konservative Politiker/-innen werden Evolution als Innovation bezeichnen, während Reformer/-innen Evolution als Stillstand empfinden. Und genau entlang dieser Konfliktlinien werden alle Reformen im Bildungssystem diskutiert.
Fazit: Nie aufhören, besser werden zu wollen!
Ich schlage niemals Evolutionen vor. Denn in jedem politischen Diskurs werden Kompromisse geschlossen und der Kompromiss einer Evolution ist ein fauler. Als gelernte Österreicher/-innen kennen wir sicher ein paar Bereiche, wo derartige Kompromisse geschlossen wurden. Wenn ich eine Innovation fordere, bekomme ich als Kompromiss vielleicht eine Evolution. Doch die Unterscheidung zwischen Innovation und Evolution ist essenziell - nicht nur für das Verständnis dieser Seiten. Gerade in der Bildung inmitten einer sich immer schneller verändernden Gesellschaft gilt vielleicht immer mehr: Wenn wir aufhören besser zu werden, werden wir bald nicht mehr gut sein …