Vor der atemberaubenden Kulisse des Traunsteins auf den Traunsee herunterblickend, wurde ich gestern zum Netzpolitik-Treffen am Traunsee von Meral Akin-Hecke eingeladen. Nachhause gefahren bin ich mit einigen Eindrücken und vielen Ideen, obwohl das Panorama bereits ausreichend für die Autofahrt aus Wien entschädigt hat. Vor allem haben mich Gedanken zum Datenschutz auf der Heimreise begleitet: Wie ist es um ihn bestellt? Welche großartigen Analogien ergeben sich aus der aktuellen Rechtslage. Aber alles der Reihe nach …
1. Das klare Ziel der Veranstaltung!
Das Ziel dieser Veranstaltung war es, sich über netzpolitische Entwicklungen auszutauschen. Meral Akin-Hecke ist als Digital Champion Österreichs eng mit der europäischen Ebene vernetzt und hat sich mit der Initiative Werde Digital der Verbesserung digitaler Kompetenzen verschrieben. Die Beschaffung der Geräte ist angesichts des Preisverfalls im Vergleich zur Situation vor 20 Jahren keine Herausforderung mehr. Die Anwendung und die Fragen der Privatsphäre und der sicheren Verwahrung von Daten sind heute die wesentlichen Fragen der modernen Gesellschaft. Das bedeutet im Bildungskontext: Fundiertes Anwenderwissen und das Wissen um die Gefahren und Chancen sind notwendig.
2. Das Öl des 21. Jahrhunderts!
Wenn Daten das neue Öl sind, so ist der Datenschutz der neue Umweltschutz. Aktuell besteht ein großes Spannungsverhältnis zwischen der Privatsphäre und den „Big Data“. Namhafte Unternehmen machen mit der Auswertung von persönlichen Daten ein Geschäft. Wenn Google über meine Gewohnheiten Bescheid weiß, erhalte ich über die GoogleAd eine Anzeige zu just jenem Produkt, das mich interessieren könnte. Und genau hier liegt das Potenzial des Geldes. Wenn ich danach auf die Werbung klicke oder mir sogar das Produkt kaufe, erhält Google eine Provision. Die grundsätzliche Frage bleibt aber: Wie kann Selbstbestimmung im digitalen Zeitalter überhaupt noch funktionieren. Denn letztlich werden unsere Vorlieben in einen Algorithmus gegossen, mit dem Geld gemacht wird.
3. Datenschutz ist nicht nur das Weglassen des Namens!
Den Unterschied zwischen Anonymisierung und Singling Out, habe ich gestern zum ersten Mal richtig verstanden und im Bildungskontext ist er umso leichter zu verstehen. Wenn eine Lehrkraft in der Klasse sagt: „Der Bub mit dem lockigen blonden Haar und der blauen Hose möge aufstehen,“ weiß jede/r wer gemeint ist, ohne den Namen zu nennen. Die Aufforderung fand anonym statt, denn der Name wurde nicht erwähnt. Die aktuelle Rechtslage ist ähnlich: Die großen Internet-Unternehmen sammeln persönliche Daten. Sie machen das so genau und gründlich, dass es an einem gewissen Punkt bedeutungslos ist, ob sie den dazugehörigen Namen verwenden. Das Bewegungsprofil, die Einkaufsgewohnheiten, der Geschmack bei der Partnerwahl und die persönlichen Interessen ergeben in der Kombination und der jeweiligen Gewichtung ein eindeutiges Profil - unser eigenes. Dass mein Name gespeichert würde, wäre für mich dann das wesentlich kleinere Problem.
4. Wir stimmen zu, aber wissen wir wozu?
Nichts ist im Internet leichter zu erhalten, als die Zustimmung zu den jeweiligen AGBs. Nehmen wir beispielsweise eine Hotelbuchung: Da wollen wir den günstigsten Preis haben und wissen, das Angebot ist zeitlich begrenzt. Unter jenem Zeitdruck stimmen wir überall zu, oder haben Sie schon mal die seitenlangen AGBs genau gelesen? Dann wüssten Sie zum Beispiel, dass ihnen die Inhalte auf GoogleDocs nicht mehr gehören, sobald sie diesen Service annehmen. In Wahrheit müssten die Firmen ihren Kunden/-innen mit ganz einfachen Worten erklären, was sie mit den erhobenen Daten machen und ganz leicht verständlich danach ihre Zustimmung erbeten. Und zwar jedes Mal, wenn diese Daten verwendet werden.
Fazit: Der politische Wille zur Einigkeit fehlt!
Ein entsprechender Vorschlag zur Reform der Datenschutz-Richtlinie liegt auf europäischer Ebene auf dem Tisch. Potenzial zum Scheitern sehe ich beim zuständigen Ministerrat, der auf europäischer Ebene als Lobby der Unternehmen und der Industrie agiert, nicht am europäischen Parlament. Denn im Gegensatz zum Ministerrat, agiert hier das Europäische Parlament im Sinne seiner demokratischen Legitimation durch und für die Bürger/-innen. Undemokratisch ist höchstens die nationalstaatliche Ebene durch die vertretenen Minister/-innen. Der Datenschutz betrifft alle Branchen querbeet, nicht mehr nur die IT-Branche. Der Finanzsektor und die Industrie sind mindestens genauso betroffen. Wenn es um die persönlichen Daten geht, ist die Haltung der Europäischen Kommission recht einfach: Die persönlichen Daten gehören der jeweiligen Person. Europa benötigt ein entsprechendes Regulativ für die Netzneutralität seiner Bürger/-innen …