Dass Österreich ein Vorreiter in Sachen Bio ist, ist bekannt. Dieser Befund wurde mir gestern nochmals bestätigt. Zur Zeit befinde ich mich in Dijon (Frankreich) und nehme an einem Meeting zum EU-Projekt GreenLearningNetwork teil - dazu gleich mehr. Die beteiligten Partnerinstitutionen blicken mit Hochachtung auf Österreich und haben eine spezifische Stärke herausgestrichen, die mir bisher nicht in dieser Form bewusst war. Aber alles der Reihe nach!
1. GreenLearningNetwork schafft Bewusstsein!
Das primäre Ziel des EU-Projekts GreenLearningNetwork ist, die Lücke zwischen dem akademischen Wissen und der alltäglichen Praxis der Agrarwirtschaft zu schließen. Der Fokus liegt auf Biodiversität, nachhaltigem Anbau und dem weitgehenden Verzicht auf jedwede Form von Pestiziden. Dass dies leichter möglich ist, als geglaubt wird, sollen Projektergebnisse aufzeigen. Die Organisation Agrosup, die ihren Sitz in Dijon hat, erstellte Informationsmaterial für Landwirt/-innen über die Homepage des Agrarministeriums Frankreichs zur Verfügung.
Das Ziel: In den nächsten Jahren sollte die Mehrheit der französischen Agrarwirtschaft auf „Bio-Beinen“ stehen. Dieses Wissen wird nun auf europäische Ebene gehoben und Aus- und Fortbildungsmaterialien werden dahingehend gestaltet. Dennoch blicken alle Teilnehmer/-innen nach Österreich, zumal die Anbaufläche für biologische Lebensmittel hier einen hohen Prozentanteil einnimmt (Anm. d. Red.: Es sollen etwa 40 % der Agrar-Anbaufläche sein!).
2. Die Chance Österreichs!
Wir halten positiv fest, dass sich biologische Lebensmittel wachsender Beliebtheit erfreuen. Die österreichischen Bäuerinnen und Bauern haben vor langer Zeit festgestellt, dass sie nicht mit den hohen Produktionszahlen großer europäischer Betriebe wie in Spanien und Polen mithalten können. Preislich wären sie daher nicht konkurrenzfähig. Aus der Not wurde eine Tugend gemacht und man setzte vermehrt auf „Bio“.
Doch die wahre Stärke liegt in Österreichs Größe! Das bedeutet, dass die Transportwege bis zu den Supermärkten im Verhältnis kurz ausfallen. Die verbrauchten CO2-Emissionen sind daher geringer und der ökologische Fußabdruck deutlich kleiner. Österreichs Stärken liegen also nicht nur in der Expertise zu biologischen Lebensmittel, sondern auch in den verkürzten Transportwegen. Werden diese beiden Faktoren kombiniert, entsteht sozusagen regionales Bio. Und genau hier müssen staatliche Förderungen fließen. Wir sind eine Insel der Seeligen - was das Essen betrifft - und viele sind sich dieser Tatsache noch gar nicht so bewusst. Wenn die Bäuerinnen und Bauern entsprechend mehr gefördert werden, können sie auch preislich mit den „normalen“ Produkten am europäischen Markt konkurrieren.
Fazit: Die Rolle der Konsument/-innen ist entscheidend!
Oft hören wir, dass der Umstieg auf Bio besser für unsere Gesundheit, besser für unsere Umwelt und besser für unsere Wirtschaft ist. Das alles funktioniert aber nur, wenn wir uns im Supermarkt für biologische und regionale Produkte entscheiden. Manchmal bedeutet dieses aktive Wahrnehmen von Verantwortung allerdings auch, in der kalten Jahreszeit auf bestimmte Produkte zu verzichten. Für unsere Eltern- und Großelterngeneration war das selbstverständlich. Wenn ich im Dezember eine Mango kaufe, muss mir klar sein, woher sie stammt und, dass ihr ökologischer Fußabdruck vermutlich riesig sein wird.
Der Umstieg auf regionales Bio hat auch den Vorteil, vermehrt kleine Landwirtschaftsbetriebe zu unterstützen. Letztlich müssen wir unserer Verantwortung bewusst sein. Bei vielen Themen im Bereich des Umweltschutzes fühlen wir uns „zu klein“. Bei den Lebensmittel haben wir die Macht des Konsums! Wenn wir bestimmte Produkte kaufen oder nicht kaufen, üben wir wirtschaftlichen Druck aus. Dieses Bewusstsein führt zu einem verantwortungsvolleren und nachhaltigeren Konsum. So wie Österreichs Landwirte könnten auch die österreichischen Konsument/-innen Vorreiter sein. Punktuell sind sie es bereits. Also schauen wir beim nächsten Einkauf auf die Herkunft unserer Lebensmittel …
Nächster Artikel: Zerbricht die individuelle Freiheit?