Europäische Schüler/-innen ohne EU?

Karte der EU auf Schiefertafel
© Axel Zahlut - Bearbeitung von: https://www.weltkarte.com/typo3temp/images/map-european-union.jpg

Am Donnerstag haben die Britinnen und Briten für einen Ausstieg aus der Europäischen Union votiert. Gerade ältere Bevölkerungsschichten scheinen sich nach jenem Land zurückzusehnen, welches das Vereinigte Königreich einst war. Ein Weltreich, mächtig und von niemandem abhängig. Der Beitritt zur EU erfolgte damals aus einer wirtschaftlich schlechten Position heraus. Gewollt war er aber nie wirklich. Ein Teil der Bevölkerung hat aber von der EU profitiert wie wenig andere. Natürlich werden die Einkommen britischer Bauern zu 100 Prozent aus dem Agrartopf der EU bezahlt, aber wirklich profitiert haben die Jüngsten. Die Schüler/-innen Großbritanniens wurden Teil eines größeren Ganzen und spürten die Vorteile am eigenen Leib. Was bedeutet ein „Brexit“ generell für das Bildungssystem?

1. Definition von Europa wird verändert!

Den Schüler/-innen muss ein anderes Bild von einem gemeinsamen Europa vermittelt werden. Obwohl man durch den Eurotunnel mit Kontinentaleuropa verbunden ist, ist man nicht mehr Teil dieser wirtschaftlichen und politischen Einheit. Nun darf erklärt werden, warum der europäische Binnenmarkt ohne Großbritannien existiert, warum Waren mit Großbritannien nicht frei gehandelt werden dürfen und warum ein Europa der unbegrenzten Möglichkeiten doch eher eines der begrenzten Unmöglichkeiten ist, wenn es um die Niederlassungsfreiheit einer dynamischen, jungen Generation geht.

2. Keine Projektförderungen mehr!

Dieser Aspekt könnte für britische Schulen tatsächlich zu einem entscheidenden Faktor werden. Wenn man nicht mehr Teil der Europäischen Union ist, gelten die Förderprogramme für Projekte im Programm Horizon2020 nicht mehr vollständig. Es besteht zwar die Möglichkeit, als assoziierter Partner eingebunden zu werden, eine gestaltende Rolle in europäischen Bildungsprojekten wird Großbritannien allerdings nicht mehr haben. Gerade britische Firmen wie Promethean (Anm. d. Red.: Es handelt sich hierbei um einen großen Hersteller interaktiver Tafeln, die gerade im Bildungsbereich sehr populär sind!) wird das weniger freuen. Und Schulen werden künftig nicht mehr jene Fördergelder wie bisher erhalten, was sich negativ auf deren Jahresbudget und Unterrichtsqualität auswirken dürfte.

3. Schulaustausch nur noch bilateral!

Der Austausch mit Schüler/-innen einer britischen Schule wird erheblich komplizierter. Bisher konnten zwei Vertreter/-innen der im Austausch involvierten Schulen im Rahmen von eTwinning ein Projekt beantragen und somit die Kosten für transnationale Kooperationen erheblich drücken. Diese Option fällt weg. Daher wird ein Schulaustausch mit einer Schule in England zur „Elitenfrage“: Nur noch Schüler/-innen deren Eltern über das entsprechende Kleingeld verfügen, können an derartigen Kooperationen teilnehmen. Ob das im Sinne des Brexit-Erfinders ist, bleibt allerdings fraglich.

Fazit: Junge Europäer/-innen ohne Heimat?

In einer vernetzten Welt, in der wir immer mehr zusammenwachsen und voneinander abhängig werden, leben die Britinnen und Briten offenbar im Glauben, Isolation wäre die Antwort. Gerade jüngere Menschen verstehen die Chancen, die sich durch die Europäische Union in Punkto Niederlassungsfreiheit und Arbeitsmarkt ergeben. Daher nehmen sie sich mehr als Europäer/-innen als die älteren Generationen wahr, die im Glauben an ein britisches Empire die Wirklichkeit negieren. Die Wirklichkeit ist, dass Großbritannien nun auf eine gute Zusammenarbeit mit der EU hoffen muss - eine Art Assoziierungsabkommen sozusagen. Damit wäre Großbritannien so europäisch wie die Ukraine. Für die britischen Schüler/-innen bedeutet das, dass sie sich europäisch fühlen aber keine Europäer/-innen mehr sind, denn aus der europäischen Bildungspolitik werden sie fortan ausgeklammert …

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