Sie war Mutter zweier Kinder und eine Verfechterin der europäischen Idee. Auf offener Straße wurde sie erschossen. Die 41-jährige Helen Joanne „Jo“ Cox, Mitglied der britischen Labour-Partei, erlag ihren Verletzungen. Auch wenn das Motiv der Tat noch unklar war - der Verdacht, dass diese Bluttat mit dem bevorstehenden Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union in Zusammenhang steht, liegt nahe - wird eine Tendenz deutlich, die alle Menschen betrifft. Sie manifestiert sich in einer unreflektierten Polarisierung. Trump, AfD, FPÖ und „Brexit“ sind nur die bekanntesten Auswirkungen einer zunehmenden Spaltung der westlichen Gesellschaft. Ist damit der sprichwörtliche Keil in unsere Gesellschaft getrieben?
Lange Terrorismus-Strategie!
Diese Verbindung wird nicht sofort deutlich, erscheint aber nach längerem Hinsehen als logisch. Als im Jahr 2001 Flugzeuge in das World Trade Center flogen, begann ein langfristiger Plan, die westliche Welt zu verunsichern. Sicherheitsmaßnahmen wurden reflexartig umgesetzt, um so zumindest das Gefühl von Sicherheit zu simulieren. Zeitgleich mit der Flüchtlingskrise Europas wurden wir auch Ziel terroristische Attentate, wie jene in Paris und Brüssel zeigten. Europa zu zerstören, war nie ein reales Ziel der Terroristen. Es ist im übertragenen Sinn zu verstehen: Unsere Toleranz, Reisefreiheit, kulturelle Offenheit und gesellschaftliche Kompromissfähigkeit sollten zerstört werden.
„Wer ein wenig Freiheit …
für ein wenig Sicherheit aufgibt, hat weder Freiheit noch Sicherheit verdient.“ (Benjamin Franklin) Obwohl dieser Satz von Benjamin Franklin heute aktueller denn je ist, kann er ruhig noch erweitert werden. Ich behaupte: Wer ein wenig Freiheit für ein wenig Sicherheit aufgibt, erreicht weder Freiheit noch Sicherheit. Mit all den Sicherheitsmaßnahmen, die um uns herum insbesondere an öffentlichen Orten getroffen wurden, überkommt - zumindest mich - ein gewisses Unbehagen. Gefühlt schränken wir uns ein und bekommen aber zeitgleich gesagt, dass es keine 100-prozentige Sicherheit geben kann. Also wenn etwas passieren soll, passiert es. Hmm …
"Wer ein wenig Freiheit für ein wenig Sicherheit aufgibt,
hat weder Freiheit noch Sicherheit verdient."
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Benjamin Franklin
Gesellschaftliche Reflexe!
Doch wir reagieren innerhalb unserer Gesellschaft, fast schon reaktionär. Wir verlangen noch mehr Sicherheit und geben freiwillig noch mehr Freiheiten ab - das Ergebnis ist aber dasselbe. Wir igeln uns ein und tragen unsere Offenheit zu Grabe. Dabei ist es uns egal, ob wir Menschenrechte respektieren oder nicht. Wir reagieren reflexartig mit einem „Wir und die Anderen“ - einer Formulierung, die zu einem dunklen Kapitel der europäischen Geschichte geführt hat. Der Populismus in der Politik liefert „einfache“ Patentrezepte, deren Auswirkungen aber nie zu Ende gedacht werden.
Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump meint, eine Bluttat wie in Orlando könne nur verhindert werden, wenn mehr Amerikaner/-innen Waffen trügen. Befürworter/-innen des „Brexit“ glauben, die Lösung globaler Probleme liegt im Ausstieg aus globalen, politischen Strukturen wie der EU. AfD und FPÖ glauben, die Herausforderungen des letzten Jahres könnten damit gelöst werden, die Zuwanderung und - viel schlimmer - die Aufnahme von Flüchtlingen zu verhindern. Diese Haltungen führen dazu, dass sich die politischen Lager in der Gesellschaft radikalisieren.
Fazit: Rechtsruck war gestern, Spaltung ist heute!
Jahrelang wurde von einem gesellschaftlichen Rechtsruck gesprochen. Doch dieser vielzitierte Rechtsruck findet politisch schon länger statt, sodass politische Haltungen, die noch vor 30 Jahren nicht gesellschaftsfähig waren, heute als gegeben wahrgenommen werden. Die Zivilgesellschaft hat reagiert und Extreme treffen aufeinander. Feuer wird mit Feuer bekämpft, statt kühlendes Wasser in der Diskussion zuzulassen. Auf eine politische Haltung einer glühenden Europäerin wurde buchstäblich mit Feuer geantwortet und sie bezahlte es mit ihrem Leben. Die Grauzonen einer Diskussion sind verschwunden und nur extreme Antworten finden Gehör. Diese Tendenz ist besonders in den sozialen Netzwerken zu beobachten. Die differenzierte Diskussion ist einer Schwarz-Weiß-Malerei gewichen. Man ist für oder gegen etwas. Damit ist zumindest ein Ziel des Terrorismus längst erreicht: Wir sind uns uneinig und haben einen Keil in unsere Gesellschaft treiben lassen. Vielleicht überdenken wir unsere Haltungen …
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