Der Slogan stammt aus einer Canon-Werbung Anfang der Neunziger. Aber in einem Kernanliegen des Bildungssystems ist er aktueller denn je. Bei der Frage, wie junge Menschen für die Naturwissenschaften gewonnen werden können, spielt oft das verstaubt wirkende Image eine entscheidende Rolle. Man möchte nicht als „Nerd“ bezeichnet werden. Laut einer Erhebung von PISA haben die wenigsten 15-jährigen ein klares Berufsbild vor Augen, naturwissenschaftliche Fächer spielen aber nur vereinzelt eine Rolle in deren Überlegungen.
1. Das Alter ist entscheidend!
Ich weiß nicht, ab welchem Alter Kinder für die Naturwissenschaften begeistert werden können, allerdings werden sie früh vergrault. In der Phase von Kindergarten bis zur vierten Klasse Volksschule ist die Neugierde bei Kindern besonders groß. Diese kann und sollte genützt werden. Das ist zwar kein Garant dafür, sie für Naturwissenschaften zu gewinnen, aber in jener Zeit können sie für immer vergrault werden. Oftmals - und ich nehme auch die Pädagoginnen und Pädagogen im Kindergarten und in der Volksschule in die Pflicht - durch vermittelte Bilder der „Expert/-innen in weißen Mänteln“. Gerade dem Lehrpersonal in diesem Alter kommt eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Neugierde zu. In der Sekundarstufe I ist es dafür meistens zu spät. Schularbeiten, Gruppenzwang und mehr Fächer prägen den Alltag der Schüler/-innen.
2. Wenn Wissenschaft sexy wird!
Auch in Hollywood wurde dieses Phänomen beobachtet. Naturwissenschafter/-innen gelten als „Nerds“ aber als exakt, fundiert in ihren Standpunkten und bringen eine gewisse Begeisterung der Naturwissenschaft entgegen, die außerhalb ihrer Kreise als sonderbar empfunden wird. Doch in der heutigen Zeit ist es gar nicht mehr so verkehrt, als sonderbar und außerhalb bestimmter Konventionen zu gelten. In diese Kerbe schlagen die Serien Hollywoods. Plötzlich sind Gerichtsmediziner/-innen Helden, C.S.I.s cool und die „Nerds“ der „Big Bang Theory“ irgendwie lustig. Wenn es derartige Serien in meiner Kindheit gegeben hätte, vielleicht wäre ich Physiker geworden - das Interesse wäre heute noch da.
3. Kombination aus Alter, Image und Vermittlung!
Wenn wir beleuchten, in welchem Alter die Neugierde besonders hoch ist, die Zeit noch relativ flexibel (Stichwort TV-Zeit) und die Methoden der Vermittlung verbessert werden könnten, so fällt mir persönlich die Zielgruppe bis 10 Jahre ein. Diese Kinder haben im Schnitt eine ausgeprägte Neugierde, mehr Zeit als ihre älteren Kolleg/-innen zur Verfügung und Lehrkräfte, die noch nicht so spezialisiert sind, dass ein Spezialisten-Eindruck entstehen könnte. Kindern könnte leichter vermittelt werden, dass Menschen wie du und ich Naturwissenschafter/-innen und keineswegs spezialisierte Nerds sind. Doch oft sind es nur kleine Nebensätze wie „Gut, dass sich mein/e Partner/-in darum kümmert, weil mir das zu kompliziert ist“, die junge Schüler/-innen aufschnappen und zu ihrem Bild machen. Und ehrlich: Frühkindpägagog/-innen wenden sich eher aktiv von der Naturwissenschaft ab, oder?
Fazit: Frühförderung statt Spätintervention!
Politische Vertreter/-innen - aktuell besonders auf europäischer Ebene - beklagen seit Jahren den Umstand, dass es nicht genug naturwissenschaftlichen Nachwuchs in Europa gäbe. Auf der einen Seite ist die Arbeitslosigkeit unter den Europäer/-innen besonders hoch, andererseits besteht ein evidenter Mangel an qualifizierten Fachkräften im naturwissenschaftlichen Bereich. Hier mit einer Langzeitstrategie (Anm. d. Red.: bereits ab dem Kindergarten) einzuwirken, wäre eigentlich eine logische Konsequenz. Doch die europäische Tendenz geht in eine andere Richtung: Projektförderungen für den Sekundarbereich wurden unter Horizon2020 reduziert und der Fokus auf den tertiären Bereich (Anm. d. Red.: Fachhochschulen und Universitäten) gelegt. Allerdings ist es hier definitiv zu spät, neue Studierende zu gewinnen. Und Nachschulungen auf Arbeitsämtern wenig vielversprechend.
Und wie sieht die Situation in Österreich aus? Eine flächendeckende, gesamtösterreichische Strategie kann ich noch nicht erkennen, obwohl die Konzepte auf dem Tisch liegen. Vereinzelte Initiativen wie die „Spürnasenecke“ sind sehr wohl vorhanden (siehe Video). Diese versuchen, Veränderungen anzutreiben. Aber, ob wir noch die Zeit für einen derartigen Veränderungsprozess haben, kann bezweifelt werden …
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