Dass moderne Pädagogik nicht durch eine technisch moderne Ausstattung gekennzeichnet ist, habe ich auf diesen Seiten bereits erklärt. Es geht um den pädagogischen Einsatz neuer Technologien. Im BG/BRG Klosterneuburg wird der Fokus auf genau diesen Einsatz gelegt. Gestern war ich Zeuge einer völlig alltäglichen Schulstunde, die den erfolgreichen Einsatz eines 3D-Druckers als Selbstverständlichkeit wirken ließ. Kombiniert werden in diesem Fall die Fächer Mathematik und Informatik. Wie sieht das in der Praxis aus?
Team Teaching in der Praxis?
Die beteiligten Lehrer/-innen, Hermann Morgenbesser und Monika Mishra, betreuen gemeinsam eine größere Lerngruppe im Rahmen des IB-Programms (Anm. d. Red.: International Baccalaureate). In diesem Programm werden zahlreiche Unterrichtsfächer auf Englisch abgewickelt. Zwischen beiden Kolleg/-innen fand eine Zweiteilung der Lerngruppe statt. Jene Gruppe unter der Leitung von Frau Mishra zeichnete mit Hilfe des Programms Google Sketchup jene Objekte, die später in einem 3D-Drucker ausgedruckt werden sollten. Hermann Morgenbesser leitete den anderen Teil der Gruppe, der sich die Grundlagen des Druckers beibrachte. Sowohl aus mathematischer als auch informatischer Sicht.
Der Drucker
Zum Einsatz kam ein Drucker der Firma 3D, der modular aufgebaut ist und in seiner Idee an das Selbstbauexemplar erinnerte, das wir bereits vor drei Jahren im Rahmen iTEC-Projekts verwendet haben. Allerdings wartet er mit einigen Modifikationen auf: Zur Steuerung des Druckers ist nun kein Computer mehr notwendig, der die Algorithmen in Druckbefehle umwandelt. Dieser Vorgang funktioniert nun über ein eigenes Steuerungsmodul, das eine SD-Karte mit entsprechender Programmierung beherbergt. Statt 20 Stunden Selbstaufbau, benötige ich nun etwa drei.
Der Ablauf im Unterricht
Der Rechnungshof kritisierte in seinem letzten Bericht den Kostentreiber Team Teaching und empfahl eine Reduzierung - dies betraf natürlich nur Neue Mittelschulen. Im vorliegenden Fall funktioniert Team Teaching funktional differenziert: Eine Lehrerin erklärt die mathematische Theorie und lässt die Schüler/-innen „ihr“ Produkt unter Einbeziehung der gelernten Materie zeichnen, der andere Lehrer erklärt die informatischen und technischen Grundlagen des Geräts, bevor tatsächlich gedruckt wird. Jene Schüler/-innen, die dann nicht drucken können, erklären diese Grundlagen wieder ihren Kolleg/-innen der anderen Gruppe. Damit ist ein Peer-To-Peer-Learning umgesetzt und ein besseres Verständnis unter den Schüler/-innen gewährleistet.
Fazit: Selbstverantwortung und Unabhängigkeit!
Die Schüler/-innen in Klosterneuburg empfinden diesen Umstand vermutlich gar nicht mehr so außergewöhnlich. Aber sie gestalten ihren Lernerfolg selbstverantwortlich und unabhängig. Beide involvierten Lehrkräfte nehmen aktiv eine Rolle des Lernbegleiters ein. Optisch erkennt man das schon daran, dass sie nicht mehr an der Tafel stehen und erklären - während sie hoffen, dass die Schüler/-innen nicht einschlafen. Sondern sie gehen im Raum umher und leisten Hilfestellung, wenn bei Schüler/-innen Herausforderungen auftreten. Die Schüler/-innen bestimmen ihrerseits wieder das Tempo der Umsetzung. So wird der Lernerfolg bei jedem/r sichergestellt.
Eines zeigen meine vermehrten Besuche in dieser Schule überdeutlich: Die klassisch aufgebaute Schulklasse (Anm. d. Red.: Kreidetafel vorne, Sesselreihen dahinter) verschwindet, kollaboratives Lernen und Teamwork - sowohl unter den Schüler/-innen als auch unter den Lehrer/-innen - sind das Gebot der Stunde. Wir erleben unseren Arbeitsalltag als Erwachsene ähnlich: Es wird in Teams und meistens projektorientiert gearbeitet. Für bestimmte Aufgaben werden bestimmte - auch räumliche - Ressourcen genützt. Wenn wir uns ehrlich sind, muss Schule allgemein unabhängig von ihrer Ausstattung in diese Richtung gehen und dabei die Selbstverantwortung und Unabhängigkeit der Schüler/-innen forcieren …
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