Schüler/-innen bauen einen Drawdio!

Foto eines Drawdio
© Axel Zahlut

Es war eines der faszinierendsten Projekte, die ich jemals live miterleben durfte. Sofort habe ich mich an meine Schulzeit erinnert und mich gefragt, warum wir so etwas nie gebaut haben. Schüler/-innen des BG/BRG Klosterneuburg haben letzte Woche im Rahmen des Physikunterrichts einen Drawdio unter der Anleitung des Happy-Labs gebaut und werden diesen auch in einer fächerübergreifenden Initiative nutzen. Aber worum geht es genau?

Drawdio - ein Bleistift wird zum Instrument?

Letztlich geht es darum, mit einer elektrischen Schaltung Musik zu machen. Ein Bleistift wird zum Musikinstrument. Sowohl die Spitze des Bleistifts als auch ein Finger berühren eine Fläche aus Graphit (= Bleistiftlinie). Ein zuvor von den Schüler/-innen konstruiertes Modul generiert eine Spannung. Diese verläuft bei Kontakt mit der Graphitfläche durch den Körper an jenen Punkt, der die Graphitfläche wieder berührt. Hier entlädt sich die Spannung und erzeugt über einen Minilautsprecher einen Ton. Die Frequenz des Tons (= Höhe) wird über die Länge und Breite der Graphitfläche variiert. Klingt zunächst relativ kompliziert, ist es aber nicht. Im Video wird gezeigt, wie es in der Praxis funktioniert.

Wie kam dieses Projekt zustande?

Schüler/-innen einer Klasse
© Axel Zahlut

Hier war die Initiative des örtlichen Lehrers entscheidend. Markus Gruber hatte die Idee, mit seinen Physikklassen einen Drawdio zu konstruieren. Bei der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) wurden Projektmittel angesucht und tatsächlich wird dieses Projekt mit 15 Euro pro Schüler/-in unterstützt. Deren Eltern zahlen dennoch einen Kostenbeitrag von 5 Euro, damit mehr Schüler/-innen die Gelegenheit bekommen, einen Drawdio zu konstruieren. Das Happy-Lab Wien (Österreichs erstes Fab Lab) stellte die notwendige Expertise zur Verfügung, indem zwei Vertreter/-innen kamen und einen pädagogisch wertvollen Workshop für die Dauer von zwei Schulstunden hielten. Die Idee zum Bauset stammt vom Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) und ist daher technisch erprobt und vielfach angewandt.

Der Ablauf fesselt alle Teilnehmer/-innen!

Mädchen löten
© Axel Zahut

Als Beobachter fesselte mich der Unterricht von der ersten Sekunde an. In einem ersten Schritt wurden die Schüler/-innen in Gruppen zu vier Personen eingeteilt. Für jede dieser Gruppen stand ein Lötkolben zur Verfügung, denn die einzelnen Komponenten mussten nacheinander an die Lochplatine gelötet werden. Zwar erfordert dieser Vorgang etwas Geschick, Missgeschicke blieben allerdings aus. Nach einer kurzen Vorstellung des Happy-Labs folgen die Erklärungen, was Kondensatoren, Elektrolyt-Kondensatoren, Widerstände, Plus- und Minuspole, Keramik-Kondensatoren und eine Platine sind.

Eine Dokumentenkamera zeigt die einzelnen Schritte!

Danach wurden die Kontakte und Widerstände nach und nach auf die Hauptplatine (in diesem Fall eine einfache Lochplatine) gelötet. Mit einer Dokumentenkamera wurden die einzelnen Schritte wunderbar vorgemacht, womit sie alle Schüler/-innen sehen konnten. Dieses Element klingt zwar nach Frontalunterricht, aber durch die zeitlich individuelle Gestaltung der Arbeitsschritte ist das genaue Gegenteil der Fall. Am Ende wurde noch ein Minilautsprecher in Kombination mit einem Elektromodul, das mit einer Batterie versorgt wird, installiert. Der letzte Schritt war das Anbringen eines Kupferstreifens just an jener Stelle des Bleistift, welche mit den Fingern in Berührung kommt. Damit wird die Leitung gewährleistet.

Schüler/-innen sind vertieft! Von „spielen“ keine Spur!

Schüler/-innen sind vertieft!
© Axel Zahlut

Interessant zu beobachten war, dass die Schüler/-innen während beider Schulstunden völlig vertieft waren. Nicht einmal die Pausenglocke wurde wahrgenommen. Wie viel die jeweiligen Gruppenmitglieder miteinander kooperierten, war je nach Vorkenntnis unterschiedlich. Allerdings war zu beobachten, dass in allen Gruppen die Mädchen präziser und schneller arbeiteten. Ob diese feinmotorischen Vorteile nur auf die beobachteten Gruppen zutrifft, kann ich nicht beurteilen. Aber genau hier läge vermutlich ein enormes Potenzial an Technikerinnen für künftige Ausbildungsschienen.

Fazit: Das Potenzial ist da!

Dass die technischen Hochschulen darüber klagen, nicht genügend Studierende zu bekommen, liegt sicher nicht am fehlenden Talent. Ich habe Arbeitsschritte gesehen, die mich basserstaunt zurückließen. Aber es müsste das Interesse an Technik früher geweckt werden - vor allem bei den jungen Mädchen. Man ist sich weder der spannenden Tätigkeiten, noch der Jobaussichten (die sehr gut sind) noch der ziemlich guten Bezahlung bewusst. Projekte wie dieses fördern ein dahingehendes Bewusstsein. 

 

Ist dieses Projekt in jeder Schule umsetzbar? Vermutlich nicht, denn es bedarf einer gewissen Infrastruktur. Aber wenn all jene Schulen, welche die Möglichkeiten dazu haben, ähnliche Projekte umsetzten, könnte tatsächlich etwas bewegt werden …

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