Realitätsverweigerer & Hoffnungsträger!

Person vor Richtungsschild zur Realität
Quelle: http-//www.allmystery.de/i/tlJ733G_realitaet_34075

Eine Bundespräsidentschaftswahl, die gesellschaftlich polarisiert, ein Parteivorsitzender, der an der Realität vorbei lebt und Hoffnungen der Bevölkerung, die vermutlich nicht erfüllt werden können! Die vergangene Woche hatte es in sich. Unser Land bewegt sich. Die Richtung ist noch nicht klar definiert, doch zum ersten Mal seit Jahren entsteht ein Eindruck der Bewegung. Doch das wirklich Interessante ist, dass diese Bewegung nicht von den Regierungsparteien ausgeht.

Manchmal frage ich mich, ob die Regierung in ihrem Streitalltag vergessen hat, dass sich die Welt auch ohne sie weiterdreht. Die gesellschaftlichen Probleme werden nicht weniger, sondern tendenziell mehr, politische Gegner/-innen profitieren und die Parteiführungen scheinen in eine Art Schockstarre zu verfallen. Abgesehen von den Durchhalteparolen, haben wir noch nicht viel wahrgenommen - von der gewünschten Aufbruchsstimmung innerhalb der Regierung ganz zu schweigen. Ob es die Bundesregierung nun will oder nicht, eine Veränderung hat längst stattgefunden. Doch die Richtung dieser bereitet mir Sorgen. Das überzeugende Ergebnis von Norbert Hofer im ersten Durchgang zur Präsidentschaftswahl war ein erstes Indiz. 

 

Es passt zur polarisierten Stimmung dieses Landes, dass die beiden Kandidaten für die Stichwahl in diametral entgegengesetzten Ecken des politischen Spektrums beheimatet sind. Aber viel erschreckender ist die Haltung, welche die Regierungsparteien nach der eindeutigen und historischen Wahlniederlage ihrer Kandidaten eingenommen haben. Es wird von einer besseren Kommunikation sowohl nach innen als auch nach außen gesprochen und von einer endlich produktiven Zusammenarbeit. Es dürfte allerdings schwer sein, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, wenn dem Regierungspartner kein politischer Erfolg gegönnt wird. Es scheint, als wäre die einzige Kompetenz des Bundeskanzlers, seinen Parteivorsitz entgegen aller Vermutungen halten zu können.

der Schlüssel zu Hoffnung

Der Begriff des „Sesselklebens“ wird nicht nur erweitert, er wird fast völlig neu definiert. Plötzlich spricht Werner Faymann von Fairness: Es wäre fair, zu jenem Parteivorsitzenden zu stehen, der gewählt wurde. Ist es auch fair, eine Partei gegen die sprichwörtliche Wand zu fahren und im Amt zu verharren? Von jedem Topmanager wird erwartet, dass dieser trotz bestehender Verträge seinen Hut nimmt, wenn es dem Konzern unter seiner Führung immer schlechter geht. Manchmal genügt sogar nur ein Ereignis - so passiert beim Volkswagen Konzern und Martin Winterkorn. Die Anzahl der Wahlen, die unter Werner Faymann verloren wurden ist groß. Einzig in Wien hat Michael Häupl aufgrund seiner Persönlichkeit eine Wahlniederlage verhindern können. In Kärnten wurde das BZÖ abgewählt, weshalb man mit einer Interpretation dort vorsichtig sein muss. Die Wahlmotive gingen daher dort gegen den Bundestrend. Stichwort Hypo, Schuldenberg, usw.!

 

Aber der Wählerschwund findet auch in Reihen der ÖVP statt. Liberale Wähler/-innen fliehen eher zu den NEOS. In der Innenpolitik begibt man sich auf blaues Terrain, das aber von der FPÖ besser beherrscht wird. Bleiben noch Wirtschaftstreibende und Katholiken. Letztere werden auch immer weniger und die Wirtschaftstreibenden haben noch eine gewisse Bindung. Massentauglich ist aber auch diese Strategie nicht. Und sozialpolitisch findet sowieso nichts statt!

Und der Hoffnungsträger? In dieser politischen Aufbruchsstimmung, die vom Volk und nicht von der Regierung ausgeht, scheint ein Präsidentschaftskandidat eine offene, liberale und soziale Gesellschaft einen zu können. Alexander Van der Bellen hätte diese Fähigkeit. Es ist mutig, einen Wahlkampf frei von Angstparolen oder Populismus zu betreiben. Stattdessen werden andere Sujets ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. In der österreichischen Politik ging es immer um Balance. Bei der ersten Wahl jedes Bundespräsidenten hat stets jener Kandidat gewonnen, der nicht von der aktuellen Regierungspartei kam. Streng genommen ist dies auch dieses Mal der Fall. Doch die Umfragewerte für die Nationalratswahl 2018 lassen befürchten, dass möglicherweise eine Partei alle politischen Ämter inne hätte und das ist problematisch. 

 

Dass die Politiker/-innen oftmals Realitätsverweigerer sind, ist bekannt. Aber als Gesellschaft dürfen wir nicht müde werden, Hoffnung zu haben und zu wählen. Die Hoffnungsträger sind eigentlich die Bürger/-innen, ihre Angestellten die Politiker/-innen. Deshalb habe ich Probleme mit dem Fairness-Begriff des Bundeskanzlers. Denn für ihn sollte sich die Frage stellen, wem er verpflichtet ist. Sein Vorgänger Alfred Busenbauer zeigte es vor …