Warum Schwarz-Weiß sehen?

Schwarz-Weiß Skulptur
Quelle: http-//www.brennweite-welt.de/wp-content/uploads/2014/09/001_Frankfurt-DZ-Bank-Skulptur

Fotographisch liebe ich schwarz-weiß. Kontraste werden hier deutlicher, Unterschiede markanter und die Wirklichkeit wird reduzierter und einfacher dargestellt. Vermutlich lieben viele diese Form der Darstellung, weil das Leben das komplette Gegenteil ist. Es gibt verschiedene Graustufen, Farbkombinationen und Blickwinkel. Die Politik und die Bildung sind diesbezüglich nicht anders. Auch hier gibt es verschiedene Blickwinkel, Farben und Graustufen. 

Ist es fair, dass Asylwerber/-innen die gleiche Mindestsicherung erhalten wie österreichische Staatsbürger/-innen. So lautet eine häufig gestellte Frage der letzten Monate. Man erfährt, wie viel eine Österreicherin arbeiten muss, um finanziell so dazustehen, wie ein Asylwerber. Und sofort kommt eine Gerechtigkeitsdebatte auf. Schnell sind wir versucht, Schlüsse zu ziehen und uns polarisierend auf eine Seite zu stellen. Doch wenn wir uns genauer mit der Thematik befassen, ist die Frage nicht mehr so leicht zu beantworten. Ein Asylwerber hat keinen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt und kann sich das Geld daher nicht so beschaffen, wie EU-Bürger/-innen. Aus dieser Sicht heraus ist es fair, genauso viel zu bekommen, wie alle anderen auch. Wenn ich das Problem der „Working poor“ betrachte und feststelle, dass immer weniger Menschen ein Auslangen mit ihrem Gehalt finden, ist es wieder weniger fair. Nur dürfen wir nicht Äpfel mit Birnen vertauschen. Das Eine sind humanitäre Auffangnetze, wie sie auch für uns gelten, das Andere sind soziale Ungerechtigkeiten eines Wirtschaftssystems, das ein Lohnproblem hat. Zwar sind die Arbeitnehmer/-innen dreimal so produktiv wie vor 40 Jahren, erhalten aber nicht den dreifachen Lohn gemessen an der Kaufkraft eines Landes. 

 

Allein bei der Beantwortung dieser Frage zeigt sich, dass differenziertes Denken aufwändiger ist und nicht alles so einfach scheint, wie wir es gerne hätten. Populismus heuchelt jedoch vor, einfache Antworten auf komplexe Fragen zu haben. Was hat jetzt Bildung damit zu tun? Lehren wir unseren Kindern, dass sie nicht auf unreflektiert einfache Antworten hereinfallen, hat der Populismus, egal von rechts oder links, keine Chance. Schwarz-weiß zu sehen ist ein Luxus. Ein Luxus der Vereinfachung. Doch das Leben ist nicht immer einfach und das muss vermittelt werden …