„Europa steht geeint für die Meinungsfreiheit und die Freiheit künstlerischen Schaffens!“ So, oder so ähnlich lautete der Tenor nach dem Angriff auf das Satire-Magazin Charlie Hebdo in Paris. Die Staatschefs dieser Welt gingen im Trauerzug in der ersten Reihe und verteidigten das freie Europa, die freie Welt. Denn die Satire ist ein wertvolles Gut und für die Selbstkritik einer Gesellschaft unerlässlich. Nun gab es wieder eine Satire. Nicht als Karikatur und nicht über den Propheten Mohamed. Sondern über einen Staatschef. Nicht über den gesellschaftlichen Umgang mit dem Islam, sondern über eine streitbare Person, von der Europa Unterstützung in der Flüchtlingsfrage erhofft.
Satirisch beleidigt wurde der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Ein Mann, dessen politische Toleranz an den Grenzen seines eigenen Weltbilds aufhört. Jener Mann, der jahrelang die kurdische Volksgruppe als radikale Terroristen bezeichnete und um sie zu bekämpfen, sogar den IS zunächst toleriert und instrumentalisiert hat. Doch zu den Vorfällen um Charlie Hebdo gibt es einen Unterschied: Der Satiriker lebt nach wie vor. Gott sei Dank. Doch das sogenannte freie Europa wird durch eine Klage Erdogans beim Mainzer Strafgericht gefährdet. Das freie Europa wird durch die politischen Verstimmungen mit der Türkei bedroht, weil allen voran die deutsche Kanzlerin außerstande ist, sich hinter die Grundwerte Europas in dieser Frage zu stellen. Zur Satire meinte sie zunächst, so etwas ginge gar nicht. War die Schmähkritik in ihren Aussagen unter der Gürtellinie? Ja! Aber ist das manch anderer satirische oder kabarettistische Beitrag auch? Ja! Das muss man als Person des öffentlichen Lebens aushalten.
Auf dem Weg der Türkei in die EU ist nicht der Islam das Problem. Den haben wir bereits in Europa, auch wenn rechte Parteien gerne von einem christlichen Abendland fantasieren. Auch wirtschaftliche Fragen dürften nicht das Problem sein. Griechenland zeigt es. Es sind Reaktionen wie auf diese Schmähkritik, welche die Integration in ein offenes Europa schwer machen. Zu denken gibt nur, dass sich die Spitzen der Europäischen Union hinter den Satiriker Jan Böhmermann gestellt haben und nicht die deutsche Kanzlerin …
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