Verbrauchen wir unsere Kinder?

Die Tankanzeige steht auf Null
Quelle: http://www.ksta.de/image/6287450/

Eine Meldung des gestrigen Tages machte mich besonders nachdenklich. 1.400 Kinder befanden sich letztes Jahr in psychiatrischer Unterbringung, wobei ein Viertel davon sogar in Abteilungen für Erwachsene untergebracht werden musste, weil nicht genügend stationäre Betten für Kinder zur Verfügung standen. Bedenkt man, dass wir noch immer in einem der reichsten Länder der Welt leben, ist dieser Umstand alleine schon skandalös und übrigens hinter den eigenen Vorgaben der Bundesregierung. Aber wieso steigt der Bedarf überhaupt? 

 

Ein Grund mag die permanente Überforderung der Kinder sein. Aber welche Überforderung? Die Kinder bewegen sich heute in einem unangenehmen Spannungsfeld aus verschiedenen Erwartungshaltungen der Schule, der Eltern, der Mitschüler/-innen und der Gesellschaft. Zu jenem Druck, der zwischen Jugendlichen normal zu sein scheint und in vielen Fällen ohnehin schwer zu bewältigen ist, kommt der Druck der Schule hinzu, weil immer mehr Inhalte gelernt werden müssen, die nur noch teilweise etwas mit dem Leben zu tun haben. Wenn ich „Reformen“ - dieser Begriff hat leider jede Richtung verloren - fordere oder kritisiere, dann aus genau dieser Thematik heraus. Dazu kommt der außerschulische Druck der Eltern, der vielschichtig und in den wenigsten Fällen böse gemeint ist. Die Anzahl außerschulischer Aktivitäten im Bereich Sport, Musik und zusätzlicher Bildung kreiert eine unbewusste Erwartungshaltung der Eltern, an denen die Kinder manchmal zerbrechen. Hinzu kommen herausfordernde Familienverhältnisse (Scheidung, Patchwork, örtliche Trennung, usw.), die ihren eigenen Effekt haben. 

 

Sind wir danach tatsächlich überrascht, dass sich 1.400 Jugendliche in psychischen Ausnahmesituationen befinden? Manche Lernpsychologen oder selbsterkorene Expert/-innen sehen die Digitalisierung unseres Lebens als größten Einflussfaktor dafür und empfehlen, die Verwendung digitaler Geräte drastisch zu reduzieren. Alle, die das behaupten, glauben, man könne Krankheiten heilen, indem das Fieberthermometer versteckt wird. Die Digitalisierung spiegelt nur unsere Gesellschaft wider. Wenn Kinder und Jugendliche auf Webseiten oder sozialen Profilen anderer Kinder von deren Überforderung mit den Herausforderungen unseres Lebens und einer depressiven Haltung lesen, ist das nicht der Fehler des Internets. Weniger ist manchmal eben doch mehr. Den Kindern und Jugendlichen sollte mehr Zeit gegeben und gelassen werden …